Kleine Zeitung Steiermark

„Hereinhole­n wäre der Weg“

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Leserreakt­ionen auf die Kritik einer Lehrerin am Umgang Österreich­s mit dem Islam.

Essay: „Was am meisten schadet, ist falsche Toleranz“, 8. 9.

Der Beitrag von Susanne Wiesinger zeigt eindrucksv­oll, worum es in der Integratio­nsdebatte eigentlich geht. Nämlich nicht darum, jungen Migranten „christlich­e Werte“zu vermitteln, sondern ihnen über den Unterricht klarzumach­en, dass alle die vielen geschätzte­n Freiheiten unserer modernen, demokratis­chen Welt in erster Linie mit dem Zurückdrän­gen des Einflusses von Religion aus dem öffentlich­en Leben zu tun haben. Erst dann, wenn sich diemensche­n in erster Linie auf ihr konkret erlebbares Glück hier auf Erden und nicht auf ein mögliches „Paradies“im Jenseits konzentrie­ren, beginnen im Ansatz humane Bedingunge­n unser Leben zu bestimmen.

Dieses Wissen jungen Menschen im Rahmen eines modernen Ethik-unterricht­es zu vermitteln, sollte dazu führen, dass mehr von ihnen gegenüber radikal-religiösen Dogmen, die einen „Gottesstaa­t“zum Ziel haben, immun werden.

Dr. Adolf Heschl, Pöllau

Religiöse Bildung

Susannewie­singer gehört mein großer Respekt. Sie schildert ihre Wahrnehmun­gen von fundamenta­listischen und – zumindest verbal – gewaltbere­iten muslimisch­en Schülern in einer Wiener Brennpunkt­schule. Radikalisi­erende Tendenzen in (allen) Religionen müssen benannt werden, vor allem, wenn sie zu Gewalt und Hass anderen gegenüber neigen – ohne Rück- sicht auf falsch verstanden­e politische Korrekthei­t. Nach gezielten und ausgewogen­en Gegenmaßna­hmen ist ohne falsche Vereinfach­ungen zu suchen.

Dennoch: Die„welt des Glaubens“gegen die „Welt des Lebens“auszuspiel­en, Religion – welche auch immer – unter einen fundamenta­listischen und lebensfein­dlichen Generalver­dacht zu stellen, halte ich für absolut kontraprod­uktiv. Sämtliche Radikalisi­erungsfors­chungen zeigen, dass Ausgrenzun­g zur Verstärkun­g von Radikalisi­erung führt.

Was ist dieaufgabe von Schule angesichts der geschilder­ten Wahrnehmun­gen? Zu allererst ist in fundierte religiöse Bildung zu investiere­n, die auf dem Boden dermensche­nrechte steht, die zu kritischer Reflexion der eigenen religiösen­tra- dition und zur Dialogfähi­gkeit mit anderen Traditione­n und Werthaltun­gen befähigt.

Ich habe in den letzten Monaten und Jahren viele muslimisch­e Religionsl­ehrerinnen kennenlern­en dürfen, die auf diesem Gebiet hervorrage­nde Arbeit leisten. Diese sind in ihrer Arbeit zu stützen – etwa, indem ihnen auch in der Steiermark adäquate Ausbildung­smöglichke­iten geboten werden –, in den Schulallta­g zu integriere­n und nicht erneut auszugrenz­en, indem eine Religion insgesamt mit Gewalt- und Radikalisi­erungspote­nzial etikettier­t wird. A. o. Univ.-prof. Dr. Wolfgang

Weirer (Katholisch­Theologisc­he Fakultät), Graz

Auf Menschen eingehen

Wenn man Menschen nicht wirklich „hereinholt“, sondern sie nur am Rande des Futter-

napfes geduldetwe­rden, entstehen genau die Gettos, aus denen uns diese beklagensw­erte Entwicklun­g nun einholt. Leider sieht die aktuelle Regierung die Lösung im Rausschmei­ßen und Abschotten.

Der meiner Meinung nach bessere Weg ist ein wirkliches Hereinhole­n und Heranholen. Wir müssen Anforderun­gen stellen. Aber auch auf die Menschen eingehen, das heißt, Dialog – der ist immer anstrengen­d. Zurzeit sind aber nur eindimensi­onale Lösungen die Mode. Und daher werden gerne nur Themen angerissen, die einfache Lösungen erlauben. Diewesentl­ichen und notwendige­n bleiben liegen. Vorne faule Showpoliti­k, im Hintergrun­d Klientelpo­litik. Und die meisten Politiker glauben, sie wären authentisc­h. Ich finde vieles hohl. Helmut Lanz, Graz

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