Eine Union gegen digitale Freibeuter
die Eu-finanzminister am Freitag und Samstag in Wien über neue Möglichkeiten zur Besteuerung der US-DIgitalgiganten berieten, ging es um die möglichst einfache, kontinentale Beseitigung einer hoch komplizierten, weltweiten Ungerechtigkeit. Wenn heute das Europäische Parlament in Straßburg über eine Reform des alten Urheberrechts abstimmt, geht es um die knifflige Beendigung einer ganz simplen globalen Ausbeutung.
Im Visier stehen dabei jeweils Google, Facebook und Konsorten. Denn die amerikanischen Online-riesen ersparen sich nicht nur ungerechtfertigt viel Steuern im Vergleich zu herkömmlichen Unternehmen. Einige von ihnen existieren auf Kosten von gesellschaftsprägenden Branchen. Denn ihr Produkt besteht zwar aus den Leistungen seiner Nutzer, doch diese erhalten nichts dafür. Das wirkt nur so lange in Ordnung, wie durch Internet im Allgemeinen und Social Media im Besonderen jeder Empfänger von allem auch Sender an alle sein kann. Demokratisierung von Kommunikation ist gut.
Doch es ist purer Diebstahl, wenn professionell produziertes geistiges Eigentum ohne Entgelt an die Schöpfer verbreitet wird. Autoren und Journalisten, Maler und Musiker, Grafiker und Filmschaffende sind dadurch langfristig in ihrer beruflichen Existenz bedroht. Das gilt auch für die dahinterstehendenmedien und Verlage. Trotz dieser Argumente haben sichimeu-parlament bei einem ersten Anlauf für ein neues Urheberrecht die Bedenken von OnlineAktivisten durchgesetzt, die um das freie Internet fürchten.
Für demokratische Gesellschaften ist ein Ausweg aus diesem Dilemma existenziell wichtig, und für die Eindämmung des grenzenlosen Freibeutertums braucht es zumindest die Europäische Union. Denn der Marktwert allein von Facebook (aktuell 420 Milliarden Euro) ist schon höher als das Bruttoinlandsprodukt (BIP) von Österreich. Es betrug im Vorjahr 370 Milliarden Euro.
Die Big Five aus dem Silicon Valley, die fünf globalen TopBörsenschwergewichte – Apple, Amazon, der GoogleMutterkonzern Alphabet sowie Microsoft und Facebook – erzielen zusammen bereits einen Kurspreis in Höhe des deutschen BIP. Sogar Europas größtewirtschaftsmacht hat allein kaum Chancen gegen das vereinte Lobbying dieser vernetzten Kraken. Die dahintersteckende digitale Dynamik erzeugt einen demokratiepolitischen Veränderungsdruck, dem global kaum noch ein Staat gewachsen ist. Wenn dieunion hier keinen gemeinsamen Gegenkurs erzielt, stellt sie sich infrage.
Peter Plaikner ist Medienberater und Politikanalyst. Medienberater Peter Plaikner