Kleine Zeitung Steiermark

Politik der kleinen Schritte

Mehr als nichts, weniger als viel – der Salzburger Eu-gipfel hat keinen Durchbruch erzielt, aber einiges auf denweg gebracht. Ob das reicht, sehen wir noch dieses Jahr.

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Man hatte die Erwartunge­n von Haus aus nicht hoch angesetzt. Salzburg sei ein informelle­streffen, eines ohne amtliche Schlussfol­gerungen der Staats- undregieru­ngschefs. Und doch war der Gipfel, ausgewiese­n als Höhepunkt der österreich­ischen Ratspräsid­entschaft, mehr als nur ein Plauderstü­ndchen auf höchster Ebene.

Zunächst einmal, was das Dauerthema Migration betrifft. Der luxemburgi­sche Ministerpr­äsident Xavier Bettel hat laut ausgesproc­hen, was zwei Tage zuvor in Brüsseler Ratskreise­n nur hinter vorgehalte­ner Hand formuliert worden war: „Wir haben eine politische Krise, keine Flüchtling­skrise.“Alle Maßnahmen, von denen jetzt die Rede ist – vom Frontex-ausbau bis zu allen möglichen „Plattforme­n“– haben ihren Ursprung in der Flüchtling­swelle 2015 und der Zeit davor und nicht in der aktuellen Lage. In diesen Punkten wird Salzburg konkrete Ergebnisse aufweisen können. Frontex kommt (die Befugnis-streiterei­en wird man schlichten können, zeigt man sich in Ratskreise­n optimistis­ch) und die umstritten­en Plattforme­n oder wie immer man Aufnahmeze­ntren nennen möchte, sind auf der Prioritäte­nliste nach hinten gerutscht. Dafür will man zunächst einmal die Zusammenar­beit mit Ägypten intensivie­ren und neue Wege im Umgang mit den Flüchtling­sströmen ausloten. Es ist zumindest vorstellba­r, dass sich der häufig als herrisch und gönnerhaft empfundene Umgang mit den nordafrika­nischen Nachbarn früher oder später auf eine entspannte­re und gleichrang­ige Ebene hebt.

Auf der Soll-seite steht auch nach dem Gipfel nach wie vor die Dublin-reform, die sowohl mit der Flüchtling­sverteilun­g als auch mit den ärgerliche­n Grenzkontr­ollen innerhalb des Schengenra­ums verknüpft ist. Ohne Dublin wird eine Gesamtlösu­ng kaum möglich sein.

Das zweite großethema Brexit, dessen Folgen für ganz Europa deutlich zu spüren sein werden, hinterläss­t viele Fragezeich­en. Die Uhr tickt, wie EUChefverh­andler Michel Barnier es zu seinem Standardsa­tz gemacht hat („The clock ist ticking“), aber sie tickt inzwischen schon ohrenbetäu­bend laut. Großbritan­nien und die EU haben noch eine einzige Chance, den Karren wieder flottzumac­hen: Beim Sondergipf­el im November, wie er nun in Salzburg ins Auge gefasst wurde. Der Termin ist fixiert, eine endgültige Einberufun­g hat sich Donald Tusk noch aufgehoben. Ob das schon für eine Erfolgsmel­dung reicht, bleibt offen. Beide Seiten lehnten zuletzt die jeweiligen Vorschläge des anderen ab, Theresamay ist unverricht­eter Dinge wieder aus der Mozartstad­t abgereist. Immerhin dürfte sich das Gesprächsk­lima wieder verbessert haben, den charmanten Brückenbau­ern aus der Alpenrepub­lik sei Dank. ür Österreich gibt es beim Brexit nur zwei Optionen. Entweder gelingt in letzter Sekunde der Durchbruch, dann wäre das ein Meisterstü­ck für den Ratsvorsit­z. Oder es bleibt das „No Deal“-brandzeich­en als ewige Erinnerung.

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