Wenn unter Musikern die Funken springen
Intendant Erich Oskar Huetter über sein Festival „haus.kultur“zwischen Tiefgarage, Dachterrassen und Altstoffsammelstellen.
Als
rührigem Impresario gebricht es dem steirischen Cellisten nicht an Begeisterungsfähigkeit und Empathie. Geradewegs ins Schwärmen gerät Erich Oskar Huetter jedoch, wenn er zur Programmphilosophie seines Musikfestivals „haus.kultur – Die steirischen Nachbarschaftskonzerte“ausholt: „Wir entwickeln jährlich ein Programm, das Dinge miteinander verschränkt und Neues entstehen lässt. Auch heuer sind wieder alle Programme außer „Bachs Kosmos“eigens für das Festival entwickelt“, lässt Huetter, der gerade von einer der vielen Proben herbeieilt, wissen.
Dann springt auch gleich bei Huetter der buchstäbliche Funke, wenn er vom „dabei entstehenden Funken unter den Musikern“spricht, der an den ausgefallenen Orten auf das spezielle Publikum springt. Immerhin ginge es um die Bezugnahme zu diesen Orten und ihren oft unbedarften Leuten und nicht um das perfekte Abspielen eines Programms im „klassischen Konzertformat mit dem Ritus des Absehbaren“.
Diese Orte sind heuer die Dachterrasse im Messequartier, das Foyer der Wohnbaugruppe Ennstal, zwei Tiefgaragen, die K&ö-dachterrasse, das Businesscenter Reininghausgründe, das Palais Trauttmansdorff und sogar eine Altstoffsammelstelle. Aus der Reihe fällt allein der Rittersaal im Grazer Landhaus, wo das heutige Eröffnungskonzert unter dem diesjährigen Motto „Versöhnliche Töne“stattfindet. Versöhnlich? Ist da auch ein politischer Zwischenton herauszuhören?
„Wir haben eine Verantwortung“, lässt der 44-jährige Musiker anklingen, dass es „irgendwie immer um politische Grundwerte geht“, aber „wir wollen nicht politische Inhalte per se transportieren“. Er und seine Musiker wollen die Menschen „einfach so ehrlich wie möglich“erreichen. In Israel etwa, wo Huetter seit Jahren das Festival „Sounding Jerusalem“gestaltet, habe er bemerkt, „wie sehr die Leute darauf warten“.
Auf alle Fälle könnten durch die neue Umgebung auch neue Beziehungen zur Musik und „einzigartige Momente“entstehen. Die Nachbarschaftskonzerte verstehen sich also als ein soziokulturelles Projekt, bei dem die räumliche Nähe zu den Menschen dazugehört und es um ein „Miteinander und um Achtsamkeit“geht. Und sich für Huetter einkreis zu schließen scheint: „Als Musiker brauche ich die Intensität, die aus dieser Intimität entsteht“.
Otmar Klammer haus.kultur von heute bis 4. 10., U. a. mit dem Arcus Ensemble, Grazissimo Brass Quintett, Aniada a Noar, vielen Solisten und Ad-hoc-ensembles. Eintritte frei, Spenden erbeten. Reservierungen jeweils unter hauskultur.at