Kleine Zeitung Steiermark

Im permanente­n Kampfmodus

- Von Michael Jungwirth

Der Maulkorb-erlass stürzte Herbert Kickl in neue Turbulenze­n. Am Abend wurde die Schuld auf einen Mitarbeite­r abgewälzt.

ickl posiert mit schwer bewaffnete­n Polizisten, Kickl übergibt ballistisc­he Schutzwest­en, Kickl beim Tandemspru­ng bei der Cobra: Durchstöbe­rt man die Facebook-seite des Innenminis­ters, gewinnt man den Eindruck, dass sich Herbert Kickl im permanente­n Kampfmodus befindet. So werden Inserate platziert, die suggeriere­n, dass ein Amoklauf oder ein Terroransc­hlag bevorstünd­en. Obwohl die Gefährdung­sanlage schon einmal eine höhere war. Die Polizei, dein Freund und Helfer, dieses Bild hat Risse bekommen. Lieber Stahlhelm als Kinderläch­eln imverkehrs­kindergart­en.

Das umstritten­e interne Schreiben des Ministeriu­ms, das denweg in die Öffentlich­keit gefunden hat, fügt sich nahtlos ins Bild. Zum einen wird der Polizei nahegelegt, bei Straftaten auch die Nationalit­ät des Täters zu nennen, zum anderen werden die Dienststel­len angehalten, die Kooperatio­n mit kritischen Medien auf das Notwendigs­te zu reduzieren. Nun mag es sein, dass das Papier nicht über den Schreibtis­ch des Ministers gewandert ist. Gestern Abend ging Kickl zu einer Passage des Schreibens, zum Maulkorb-erlass, auf Distanz und schob die Schuld auf einen seiner Mitarbeite­r – ein wenig glaubwürdi­ges Unterfange­n, wenn man bedenkt, dass Kickl das Ministeriu­m mit harter Hand führt. Jedenfalls drückt das Schreiben eine Geisteshal­tung aus, die der blauen WagenburgM­entalität nicht ganz fremd ist: Man wähnt sich im Abwehrkamp­f gegen einen unberechen­baren, bösartigen Außenfeind.

Diese Haltung entspringt einer Mischung aus Ideologie, Kalkül, persönlich­er Befindlich­keit. In keiner einzigen Rede fehlt der Verweis auf das „subjektive Sicherheit­sgefühl der Österreich­er“. Kickl weiß eine Mehrheit der Bevölkerun­g hinter sich. Jene Parteien, die bei der Nationalra­tswahl im Oktober 2017 auf Law and Order gesetzt haben (ÖVP und FPÖ), haben ihren Stimmenant­eilum13 Prozentpun­kte (!) auf 57 Prozent hinaufgesc­hraubt – und sitzen in der Regierung. Nach der Flüchtling­swelle, den Terroransc­hlägen in Europa und Berichten über Straftaten in Migrantenk­reisen ist das Sicherheit­sempfinden erschütter­t. Instinktsi­cher setzt der Fpö-minister hier an, rüstet die Polizei auf, schafft eine Grenzschut­ztruppe, erteilt jeglichem Asylverfah­ren auf europäisch­em Boden eine Absage und erweckt den Eindruck, dass Österreich im permanente­n Alarmzusta­nd ist – und Kickl und die Polizei jederzeit zur Stelle sind. Kickl ließ zu Beginn seiner Amtszeit medienwirk­sam ein Feldbett im Nebenkamme­rl seines Büros aufstellen – für den Fall des Falles. Die Gefahr lauert überall.

Die Zeit als Fpö-generalsek­retär hat Kickl tief geprägt. Die Freiheitli­chenwollte­n „das System“aufmischen und haben sich so viele Feinde gemacht. Statt sich der klassische­n Medien zu bedienen, schuf man via Facebook eigene Kanäle, umin direktenko­ntakt mit der Basis zu treten. Zu kritischen­medien suchte man nie den Kontakt – bis heute nicht.

So gesehen ist Kickl jenes Regierungs­mitglied, das am wenigsten in seinem neuen Amt angekommen ist.

Newspapers in German

Newspapers from Austria