Wachsamkeit ist angebracht
Demanfall von Zensur-fantasien ausdeminnenministerium ist Einhalt zu gebieten. Die Koalition sollte hinterfragen, ob die richtige Person an dieser Schaltstelle sitzt.
Wenn Sebastian Kurz, der zu Ausritten des Koalitionspartners im Inland gerne den Schweigekanzler gibt, vom fernen New York aus zu einem Ordnungsruf ausrückt, ist Feuer am Dach. Kurz stellte klar, dass jede Einschränkung von Pressefreiheit nicht akzeptabel sei und in Österreich eineausgrenzung oder der Boykott von ausgewählten Medien nicht stattfinden dürfe. Doch genau das sollte mit einer Anweisung des Sprechers des von Herbert Kickl (FPÖ) geleiteten Innenministeriums an diverse Polizeidienststellen bezweckt werden: einzelne Medien mit einer Informationssperre zu belegen, weil sie unbotmäßig berichtet hätten. Dass es sich dabeiumzeitungen handelt, die sich besonders in den Skandal um das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) vertieft haben, ist kein Zufall.
Dieser Anfall von ZensurFantasien nährt den Verdacht, dass es rund um die Vorgänge im Innenministerium viel zu verbergen gibt. Und er nährt die Befürchtungen, dass sich eine Partei des Sicherheitsapparats bemächtigen will, um nach ih- rem Gutdünken schalten und walten zu können. Möglichst mit gleichgeschalteten oder liebesdienerischenmedien.
Dräut eine Orbánisierung Österreichs, und das im aktuellen Eu-vorsitz-land? Wachsamkeit ist angebracht. Denn Herbert Kickl war schon zu Zeiten von Jörg Haider der Scharfmacher gegenmedien. Auch wenn er von dem jetzigen Schreiben aus seinem Haus nichts wissen will, trägt es seine Handschrift. Kickls Maximewar immer: Wer nicht in unserem Sinne wohlgefällig berichtet, ist unser Feind, muss geächtet und bekämpft werden. Wir kennen die freiheitlichen Feldzüge gegen kritische Journalistinnen und Journalisten auch aus eigener Erfahrung.
Der einhellige Aufschrei der Medienschaffenden ist wichtig. Es ist dieaufgabe des Journalismus, Entwicklungen zu hinterfragen, Politik kritisch zu beob- achten und die Öffentlichkeit umfassend zu informieren. Politiker, die damit ein Problem haben, sind fehl am Platz. Erst recht, wenn sie eine Demokratie zersetzende Mission haben, wie dies bei Herbert Kickl der Fall zu sein scheint.
Das Schreiben an die Landespolizeidirektionen enthielt nämlich eine zweite „Empfehlung“, die nicht transparenter Informationspolitik, sondern vielmehr dem Schüren von Ausländerfeindlichkeit, der Verunsicherung und dem Auseinanderdividieren der Bevölkerung dienen soll. Wohl um in einem solchermaßen vergifteten Klima eigene PolizeistaatFantasien ausleben zu können. ut, dass Koalitionspartner ÖVP auf Distanz zu den Zensurplänen aus dem Innenministerium gegangen ist. Die Abgrenzung wird nicht so weit gehen, dass die türkisschwarze Fraktion im Nationalrat dem Misstrauensantrag der Opposition gegen Fpö-minister Herbert Kickl zustimmen wird. Die Koalition sollte aber dennoch selbstkritisch hinterfragen, ob die richtige Person an dieser bedeutsamen Schaltstelle der Republik sitzt.
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