„Leider hat der Hitler in der Bim geredet“
Grazer spielte in Straßenbahn Hitler-rede ab, rief lautstark „Sieg Heil!“. Wegen Wiederbetätigung fasst der Vorbestrafte zwei Jahre Haft aus.
Einfach hat es Richter Stefan Koller mit den Antworten des Angeklagten nicht: „Sie haben drei Kinder, korrekt?“– „Ja. Also eigentlich sind’s vier.“Auch bei den eigenen Vorstrafen verschätzt sich der Beschuldigte knapp: „Wenn mich nicht alles täuscht, war ich schon zwei Mal in Haft.“Korrekt sind drei Gefängnisaufenthalte.
Der Grazer (14 Vorstrafen) sitzt am Dienstag vor den Geschworenen am Straflandesgericht, angeklagt wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung. Er stieg im Februar in die Straßenbahn, blies mit seinem Smartphone lautstark eine Hitler-rede in die Bim und schrie zwei Mal „Sieg Heil!“. Drei Zeugen bestätigen dies nochmals vor Gericht. Der Angeklagte (43) selbst deklariert sich bezüglich Schuld/unschuld auf seine Art: „I streit’s net oh, i geb aba a nix zua.“
Dann schildert der 43-Jährige (er ist arbeitslos, „wegen der Verhandlung hab ich mir jetzt gleich gar keinen Job gesucht“) den Bim-vorfall, meint lapidar: „Leider Gottes hat gerade der Hitler geredet, wie ich in die Bim eingestiegen bin.“Den Einwand, dass das Abspielen einer Hitler-rede vor Publikum selbst außerhalb der Tram auch keine gute Idee wäre, prallt am Beschuldigten ab. „Ich bin kein Nazi.“Historisch sei er zudem nicht gerade bewandert: „Ich war selbst ja nicht dabei damals, kann also nicht darüber reden.“Zumindest diese Überschlagsrechnung ist korrekt.
Den Versuch, das Ganze als Dummheit darzustellen, unternimmt der Grazer beim Prozess mehrmals. Sein Problem ist nur, dass er ein adaptiertes Video Und beidem Musikvideo, das Sie abspielten, ist halt rein zufällig der Hitler zu sehen und nicht der Erzberg, oder wie? Stefan Koller, Richter der Gruppe Rammstein in der Tram abspielte. Dies enthält neben der erwähnten Hitler-rede und Kriegsbildern zudem Strophen über den „Eisenmann“. „Das Lied glorifiziert doch alles, was zum Töten von Menschen hergestellt wird. Waffen, Panzer“, stellt Richter Koller nach einer Hörprobe fest. „Da geht’s rein ums Eisen“, schwächt der Grazer ab. Ratlos ob dieser Antwort meint der Richter nur: „Es ist also rein zu- fällig, dass da Hitler zu sehen ist und nicht der Erzberg?“
Das erwähnte Video habe er selbstverständlich längst vom Handy gelöscht. Trotzdem schafft er es, dem Senat das Video auf seinem Handy vorzuspielen. „Ich meinte nur, dass ich es aus der Musikliste gelöscht habe.“Außerdem habe er in der Bim seinerzeit das Lied mit Hitler schnell weggedrückt und danach ein AntiNazi-lied laufen lassen. Just dabei rief er „Sieg Heil!“.
Weil der vielfach vorbestrafte Grazer bereits einmal unter Wiederbetätigungsverdacht stand (er postete auf Facebook u. a. ein Hitler-foto samt der Aufschrift „Vergasen“), ermahnt ihn die Staatsanwältin: „Einmal kann einversehen sein, beim zweiten Mal ist es Absicht.“Das Urteil der Geschworenen: zwei Jahre unbedingte Haft – nicht rechtskräftig.