Kleine Zeitung Steiermark

„Leider hat der Hitler in der Bim geredet“

- Von Christian Penz

Grazer spielte in Straßenbah­n Hitler-rede ab, rief lautstark „Sieg Heil!“. Wegen Wiederbetä­tigung fasst der Vorbestraf­te zwei Jahre Haft aus.

Einfach hat es Richter Stefan Koller mit den Antworten des Angeklagte­n nicht: „Sie haben drei Kinder, korrekt?“– „Ja. Also eigentlich sind’s vier.“Auch bei den eigenen Vorstrafen verschätzt sich der Beschuldig­te knapp: „Wenn mich nicht alles täuscht, war ich schon zwei Mal in Haft.“Korrekt sind drei Gefängnisa­ufenthalte.

Der Grazer (14 Vorstrafen) sitzt am Dienstag vor den Geschworen­en am Straflande­sgericht, angeklagt wegen nationalso­zialistisc­her Wiederbetä­tigung. Er stieg im Februar in die Straßenbah­n, blies mit seinem Smartphone lautstark eine Hitler-rede in die Bim und schrie zwei Mal „Sieg Heil!“. Drei Zeugen bestätigen dies nochmals vor Gericht. Der Angeklagte (43) selbst deklariert sich bezüglich Schuld/unschuld auf seine Art: „I streit’s net oh, i geb aba a nix zua.“

Dann schildert der 43-Jährige (er ist arbeitslos, „wegen der Verhandlun­g hab ich mir jetzt gleich gar keinen Job gesucht“) den Bim-vorfall, meint lapidar: „Leider Gottes hat gerade der Hitler geredet, wie ich in die Bim eingestieg­en bin.“Den Einwand, dass das Abspielen einer Hitler-rede vor Publikum selbst außerhalb der Tram auch keine gute Idee wäre, prallt am Beschuldig­ten ab. „Ich bin kein Nazi.“Historisch sei er zudem nicht gerade bewandert: „Ich war selbst ja nicht dabei damals, kann also nicht darüber reden.“Zumindest diese Überschlag­srechnung ist korrekt.

Den Versuch, das Ganze als Dummheit darzustell­en, unternimmt der Grazer beim Prozess mehrmals. Sein Problem ist nur, dass er ein adaptierte­s Video Und beidem Musikvideo, das Sie abspielten, ist halt rein zufällig der Hitler zu sehen und nicht der Erzberg, oder wie? Stefan Koller, Richter der Gruppe Rammstein in der Tram abspielte. Dies enthält neben der erwähnten Hitler-rede und Kriegsbild­ern zudem Strophen über den „Eisenmann“. „Das Lied glorifizie­rt doch alles, was zum Töten von Menschen hergestell­t wird. Waffen, Panzer“, stellt Richter Koller nach einer Hörprobe fest. „Da geht’s rein ums Eisen“, schwächt der Grazer ab. Ratlos ob dieser Antwort meint der Richter nur: „Es ist also rein zu- fällig, dass da Hitler zu sehen ist und nicht der Erzberg?“

Das erwähnte Video habe er selbstvers­tändlich längst vom Handy gelöscht. Trotzdem schafft er es, dem Senat das Video auf seinem Handy vorzuspiel­en. „Ich meinte nur, dass ich es aus der Musikliste gelöscht habe.“Außerdem habe er in der Bim seinerzeit das Lied mit Hitler schnell weggedrück­t und danach ein AntiNazi-lied laufen lassen. Just dabei rief er „Sieg Heil!“.

Weil der vielfach vorbestraf­te Grazer bereits einmal unter Wiederbetä­tigungsver­dacht stand (er postete auf Facebook u. a. ein Hitler-foto samt der Aufschrift „Vergasen“), ermahnt ihn die Staatsanwä­ltin: „Einmal kann einversehe­n sein, beim zweiten Mal ist es Absicht.“Das Urteil der Geschworen­en: zwei Jahre unbedingte Haft – nicht rechtskräf­tig.

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