Gelassenheit und Zorn Jesu
Harald Baloch, Theologe in Graz
gehört zu uns? Wer ist fremd, gar gefährlich, weil er sich unseren Glauben anmaßt? Diese Fragen nach der gemeinsamen Identität stellten sich in den christlichen Gemeinden von Anfang an. Die Antworten waren leider Kirchenspaltungen, Verfolgung von Häretikern, Kriege zwischen den christlichen Konfessionen.
Dagegen Jesu Gelassenheit: Es kommt nicht darauf an, ob jemand formal zu seinen Jüngern zählt, sondern entscheidend ist, ob er Gutes tut. Es müssen auch gar nichtwunder sein; einen Becherwasser zu reichen genügt. Zornig, scharf im Ausdruck und radikal in den Forderungen ist Jesus immer nur dann, wenn „die Kleinen“geschützt werden müssen. Wer sie verführt oder sich gegen sie vergeht – „besser, wenn er mit einem Mühlstein um den Hals ins Meer geworfen würde“. Dieser Satz springt mir sofort in den Sinn, wenn von hinterhältigen und vertuschten Taten des Kindesmissbrauchs berichtet wird. Noch dazu begangen von Klerikern unter dem Schutz ihrer und ihrer Vorgesetzten Autorität.
Haben jene die Evangelien nie wirklich gelesen? Haben sie auf ihre radikale menschliche Verantwortung vergessen? Verstecken sie sich hinter der strafrechtlichen Verjährung? Meineserachtenshaben die römisch-katholischen Bischöfe das ganze Gewicht des Kindesmissbrauchs durch kirchliches Personal noch nicht begriffen. Ich hoffe, in Zukunft gilt die einfache Einsicht: dass das Leid der betroffenen Kinder gerade nicht verjähren und auch die scharfe Warnung Jesu, „den Kleinen“nichts Böses anzutun, nie verjähren wird.