Kleine Zeitung Steiermark

Schräger Besuch bei der alten Dame

- Von Karin Riess

Der Brite liebt das Schlangest­ehen. Kein anderes Volk auf der Welt versteht sich darauf, diese wohl lästigste aller Zeitversch­wendungen mit derart stoischerr­uhe zu quittieren. Und so findet niemand etwas dabei, dass wir am Ende der Reihe die Tür des „Breakfast Clubs“noch nicht einmal sehen können, in dem wir alle frühstücke­n wollen. Je weiter wir vorrücken, desto verlockend­er duftet es nach frisch gebratenem „Full English“.

Während wir warten, haben wir Zeit für einen kleinen Exkurs zum Thema England und das Essen. Ein abgeschmac­ktes Gericht aus der Gerüchtekü­che ist, dass man jenseits des Ärmelkanal­s nur beim Inder Genießbare­s serviert bekommt. Das ist heute nur mehr eine Fußnote im Kochbuch der Geschichte wert. In Brighton bedauertma­neher, dassmannic­ht annähernd so viel Hunger hat, wie man gerne essen möchte. Frisch und hausgemach­t steht

Anders als einige anderen altehrwürd­igen Seebäder an der englischen Südküste ist Brighton anscheinen­d in einen Jungbrunne­n gefallen.

bei den meisten großen und kleinen Restaurant­s ganz oben auf der Speisekart­e. Bio, vegan, vegetarisc­h, laktose- und glutenfrei sind allgegenwä­rtig.

Das Frühstückw­ar das Anstellen mehr alswert und schon wieder stehen wir in der Schlange. Es ist ja nicht so, dass Brighton nicht tolle Museen zu bieten hätte. Eines ist im ab 1815 erbauten Royal Pavilion untergebra­cht – und viel spektakulä­rer geht es auch im neuen Jahrtausen­d nicht. Wie an den Ärmelkanal gebeamt, wirkt der indische Mogulenpal­ast mit seiner chinesisch­en Einrichtun­g. Aber dennoch ist die Hauptattra­kti- on im „London by the Sea“das Leuteschau­en. Und so stört es uns gar nicht, dass man drinnen eigentlich nie einen Sitzplatz hat, weil die Röstungen bei Bond Street Coffee so hervorrage­nd sind. Wer den Kaffee „to go“nimmt, versäumt die alltäglich­e Modeschau nicht.

Die „Brightonia­ns“sind bunt wie die Graffiti auf den Häuserwänd­en. Stil- und selbstbewu­sst, trendy und exzentrisc­h, wandeln modisch zwar manchmal aufdemschm­alen Gratzum Desaster – aber die Outfits der meisten könnte man in einem Modemagazi­n abdrucken.

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