In der Abwärtsspirale
Die Einigung auf dem deutschen Dieselgipfel hat mehr Haken als Lösungen. Dennoch könnte Österreichs Regierung die Gunst der Stunde für heimische Konsumenten nützen.
Das Erfreuliche des deutschen Dieselgipfels ist schnell erzählt. Die Große Koalition in Berlin hat nach einem Verhandlungsmarathon ein Konzept gegen die Luftkrise in Großstädten präsentiert und damit ein Minimum an Handlungsfähigkeit gezeigt.
Doch je mehr Details dieses Kompromisses bekannt werden, desto fauler schmeckt er. Großzügige Umtauschprämien oderwahlweisenachrüstungen für alte Dieselautos schön und gut, doch in wichtigen Punkten geizt das Papier mit Details. Das ist keinwunder. Vor den nahenden Landtagswahlen in Bayern und Hessen ging es der Regierung darum, Lösungskompetenz zu demonstrieren und das leidige Luftthema in den Griff zu kriegen. Das ist den Spitzen von CDU, CSU und SPD nicht gelungen. Denn die drohenden Fahrverbote, die man eigentlich abwenden wollte, seien nicht vomtisch, wie die Koalitionäre eingestehen mussten.
Die Einigung des Dieselgipfels war erst wenige Stunden alt, durchkreuzten die Autohersteller schon den Kurs der Regierung und schossen bei den ungeliebten Nachrüstungen quer. Nicht nur, dass unklar ist, wann solche Systeme auf den Markt kommen, weigert sich die Industrie, die Kosten zur Gänze zu übernehmen und damit die Verantwortung für den von ihr verursachten Abgasskandal. Den Herstellern wäre es am liebsten, wenn ihreklientel – zwar bei ordentlichen Rabatten – stinkende alte gegen umweltfreundlichere neue Diesel eintauscht. So lässt sich aus dem Betrug noch ein Geschäft machen.
Das ist der Punkt, an dem sich die deutsche Dieselwolke längst auch in Österreich verfangen hat. Natürlich hat der ÖAMTC recht, wenn er meint, die Diskussion bei unseren Nachbarn habe mit Österreich „im Grunde nichts“zu tun. In Österreich drohen keine EUVerfahren wegen zu hoher Stickoxid-belastungen wie in Deutschland und daher keine Fahrverbote. Doch selbst in ei- nem Land der Dieselfahrer, wie Österreich es noch ist, ziehen solche Fakten im Moment wenig. Die Summe aus Abgasbetrug, angedrohten und teils auch bald umgesetzten Fahrverboten (wie in Stuttgart) hat den Diesel auch hierzulande in die Abwärtsspirale geschickt. Das Vertrauen ist weg und der Absatz von Dieselfahrzeugen eingebrochen – mit der Konsequenz zum Teil dramatischer Wertverluste bei gebrauchten Autos. as Dieseldilemma ist also nur vordergründig ein deutsches und für die österreichische Politik könnte es sich als Fehler erweisen, dies als isoliert zu betrachten. Wenn Autohersteller – übrigens nicht nur deutsche – schon mit hohen Rabatten und Umtauschprämien für ältere Dieselfahrzeuge locken, könnte sich die Regierung in Wien problemlos dazu aufraffen, selbige auch für (verunsicherte) österreichische Konsumenten zu reklamieren. Man muss deswegen nicht gleich einen eigenen Dieselgipfel ankündigen. Die Erfahrung zeigt ja, dass Gipfelgespräche keineswegs immer Spitzenergebnisse nach sich ziehen.
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