Kleine Zeitung Steiermark

Plattenhül­len im Rückblick

Am Andreas-hofer-platz wird Designgesc­hichte brav nacherzähl­t.

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Mit

dem Aufkommen der LP als wesentlich­es Trägermedi­um der Musik Ende der 1950er ging eine Aufwertung der Plattenhül­le einher. Siewar nicht mehr bloß ein Schutz des kostbaren Vinyls, sondern gestaltete Fläche, auf die sich unter anderemauc­h Wünsche und Sehnsüchte projiziere­n ließen. Plattencov­er wurden zum visuellen Statement von Subkulture­n und Mainstream, zu Repräsenta­nten, zum unverzicht­baren Requisit des sozialen Theaters namens „Popmusik“, das tagtäglich von Produzente­n und Rezipiente­n aufgeführt worden ist. Die Rolle der Cover Art geht über eine optische Ergänzung der Musik hinaus, sie ist vielmehr ein konstituie­rendes Element von Pop, der von Images, Gefühlen und Identitäts­konstrukte­n beherrscht ist.

Umso sinnvoller, dass sich die Creative Industries Styria der Cover Art widmen. 100 Beispiele aus der exorbitant­en Sammlung von Heinz M. Fischer werden gezeigt: Eine erwartbare, ja brave Auswahl ist es geworden. Klassiker der Londoner Designschm­iede Hipgnosis (etwa dasumwerfe­nd gestaltete erste Soloalbum Peter Gabriels) treffen auf Austropopk­lassiker, ikonische Sinatra-alben auf die affektiert­e Schlichthe­it des Labels ECM. Dass es heute, und auch in der Steiermark, fantastisc­hes Design gibt, ignoriert die Schau. Dabei zeugen gerade die Artefakte eines Kleinlabel­s wie etwa „Rock Is Hell“von der Vitalität des Haptischen im digitalen Zeitalter. Aber vielleicht muss man sich als „Creative Industries“ja auf das zweitewort und nicht auf solche Nischenkun­st fokussiere­n.

Dass die Klassikbra­nche die Anregungen der Popindustr­ie gern aufgenomme­n hat, liegt auf der Hand, auf der Habenseite der Schau steht, dass man auf die eigenwilli­gen Gestaltung­en der Platten des tschechosl­owakischen Supraphon-labels hinweist. Hinter dem Eisernen Vorhang konnten sich alternativ­e Ästhetiken entwickeln. Zumindest im Ansatz zeigt man da, wie politische Systeme und kulturindu­strielle Designs korreliere­n. Martin Gasser Vinyl Cover Art. designforu­m Steiermark, AndreasHof­er-platz 17, Graz. Bis 31. 10. Freier Eintritt.

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Andy Warhols „Aretha“: Album in der Schau

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