Kleine Zeitung Steiermark

Das System Haider: „Gegen Tote wird nicht ermittelt“

- Von Adolf Winkler

Jörg Haider und das dunkle Geld. Denkmäler von Hypo-ruine und hypertroph­em Stadion bis zum gedeihende­n Lakeside Park. Das Erbe forderte Land und Republik.

Für den Politiker Jörg Haider war Geld magisch. Vor der Kärntner Landesregi­erung ließ er Bedürftige Schlange stehen, umjedem 100 Euro Teuerungsa­usgleich persönlich auszuzahle­n. Er selbst stellte sich bei den Diktatoren Saddam Hussein und Muammar Gaddafi an. Bis heute ist ungeklärt, ob und wie viel Ölgeld floss oder verborgen lag. Ein Konto in Liechtenst­ein konnten Ermittler ihm laut Staatsanwa­ltschaft Klagenfurt nicht zuordnen. Vier Millionen Euro des Eurofighte­r-konzerns EADS an eine geheime Stiftung schon, mit welcher der damalige Landeshaup­tmann Haider 2006 den gedeihende­n Lakeside Park begründete. Das Geld floss, nachdem sich Haider auf Plakaten gebrüstet hatte, das strittige Abfangjäge­r-geschäft gestoppt zu haben. Der Eros des Geldes kroch – bis zum Tatplan der Berater-millionen für Dietrich Birnbacher – bei Haider oft durch dunkle Kanäle.

So dunkel wie jene Nacht, dass Haider das Gesicht der Person nicht erkannte, die ihm im September 2002 beim Verlassen des Restaurant­s „Oskar“in Klagenfurt zuraunte: „Behindern Sie den Kauf der Abfangjäge­r nicht und passen Sie auf Ihre Familie auf.“Die nach Haiders Meinungssc­hwenk später geflossene­n Eads-millionen wurden am 21. September 2008 enthüllt – drei Wochen vor seinem Unfalltod, was bis heute die Verschwöru­ngstheorie­n eines von außen herbeigefü­hrten gewaltsame­n Todes befeuert. Haidersaut­ounfall – 1,8 Promille, 140 km/h, der zwei Tonnen schwere Phaeton, die Lambichler Kurve – ist gerichtsme­dizinisch geklärt. Offen sind noch zehn Jahre später Rätsel über Rätsel von Syrien bis Libyen, vom Balkan bis Liechtenst­ein.

Als Kärntner Landeshaup­tmann erfand Haider mit dem Selbstvers­tändnis eines Volkstribu­ns Wählergesc­henke von Müttergeld und Kindersche­ck bis Trachtenfö­rderung. Seine Eventpolit­ik kann man als Brot und Spiele sprichwört­lich nennen. Doch eine Wörthersee­bühne mit Birnbacher als Prüfer ging mit obskurer Finanzieru­ng und hohen Verlusten baden.

Als Denkmal der Eventlaune steht das hypertroph­e Stadion in Klagenfurt. 67 Millionen sollte es kosten und nach drei Spielen der Fußball-euro 2008 zurückgeba­ut werden. Indem man es permanent machte, stiegen die Kosten auf 95,8 Millionen, davon fallen 40,1 Millionen auf den Bund und 19,9 Millionen auf die Stadt Klagenfurt. Den Rest schluckt das Land, das noch jährlich 1,5 Millionen abzahlt. Mit kaum 300 Besuchern auf 32.000 Plätzen bei früheren Spielen des SK Austria Klagenfurt in der Regionalli­ga war die Auslastung von unter einem Prozent Weltrekord. 2019 sollen Ed-sheeranKon­zerte und Bäume als mahnendes Kunstproje­kt im Stadion die Flaute überwinden.

Ein Untersuchu­ngsausschu­ss des Landtags ging erfolglos der Frage nach, wo mehrere Millionen Euro Werbegelde­r für die Fußball-euro über eine obskure Figur in Italien versickert sind. Doch solche Kollateral­schäden der Gaude waren gering im Vergleich zum MEGA-GAU, der gleich drei Untersuchu­ngsausschü­sse – zwei im Kärntner Landtag und einen imnational­rat – nach sich zog: der titanicart­ige Untergang der Hypo Alpe Adria Bank und die Beinahe-mitversenk­ung des Bundesland­es Kärnten.

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