Junger Großmeister an den Tasten
Brillantes Debüt von Daniil Trifonov im Musikverein für Steiermark.
„Mir tun vom Zuhören die Finger weh“, brachte es eine Zuhörerin in der Pause schön auf den Punkt. Ja, Robert Schumanns „Presto passionato“ist für die Olympioniken unter den Pianisten gedacht. Und Daniil Trifonov ist mit seinen erst 27 Jahren längst einer. Bei seinem Debüt im Musikverein durchkämmte er die verworfene Erstfassung des Finales der Klaviersonate Nr. 2, selbst in den Ohrenclara Schumanns „gar zu schwer“, mit akribischem Forschergeist und machte den fiebrigen Ringkampf des Romantikers mit der Sonatenform mit nicht enden wollendem Tastengewühl zu seiner eigenen Zappelphilippiade.
Dem Bravourstück hatte er Schumanns „Bunte Blätter“vorangestellt, einen Zyklus von 14 Miniaturen, in denen der Russe den Stimmungshorizont von Melancholie über stillefreudebiszum längeren, düsteren Marsch weit aufspannte. Was sich hier wie schon eingangs bei Ludwig van Beethovens „Andante favori“und der Sonatenr. 18 zeigte: Trifonov hat die Gabe, die Architekturen derwerke mit eigenwilligen Tempi und Dynamiken abzuklopfen, ohne deren Statik ins Wanken zu bringen.
Zumschluss stürzte sich der innewyork lebende Ausnahmekünstler, derzeit Artist in Residence der Berliner Philharmoniker, auf Sergej Prokofjew. In der „Kriegssonate“Nr. 8 konnte Trifonov das Spektrum seines wie selbstverständlichen Könnens erneut beweisen. Transparent in den groß dimensionierten, dichten Strukturen und kraftvoll in beiden Händen, stemmt er den Brocken seines Landsmanns bis hin zum furiosen Finale, fand aber zwischendurch im gebrochen heiteren Mittelsatz auch zu zarten Lyrismen. Vompublikum im Stefaniensaal, darunter ein Schock heimischer Pianisten, gab es mehr als berechtigt Standing Ovations und wohl unisono denwunsch: Aufwiederhören! Michael Tschida daniiltrifonov.com