Haare als erotische Metapher
Rossinis „Barbier“als absurde Komödie bereitet Vergnügen.
Nach
drei Jahren ist Axel Köhlers turbulente Inszenierung von Gioachino Rossinis „Barbier von Sevilla“an die Grazer Oper zurückgekehrt. Marcus Merkel leitet die Philharmoniker mit Geschmack und Umsicht, ein weitgehend neu formiertes, homogenes Ensemble zeigt sich stimmlich sehr souverän. Wieder begeistern Anna Brull (Rosina) mit sattem Mezzo und sicheren Koloraturen und der ebenso komödiantisch begabte Tansel Akzeybek (Graf Almaviva), der aber erst im 2. Akt zur Qualität seiner Stimme fand.
Der alte Dottore möchte sein Mündel heiraten, dieses fühlt sich zu einem jungen Unbekannten hingezogen und benötigt dafür die Hilfe des umtriebigen Barbiere. In der surrealenwelt, in die Regisseur Köhler die alte Commedia-dell’arte-handlung gesetzt hat, bil- KMETITSCH den Haare als erotische Metapher das optische Leitmotiv. Okarina Peter und Timo Dentler schufen einen großen, blonden Lockenkopf, der Dr. Bartolos Haus darstellt. „Ein Irrenhaus“, seufzt die Zofe Berta, und das denkt sich auch der Zuschauer, der die gekräuselten Manöver bis zum Happy End verfolgt.
Die Fäden in dem Gewirr amouröser und finanzieller Begehrlichkeiten zieht der allgegenwärtige Figaro. In der Ti- telrolle kommt nun Dariusz Perczak mit Witz, wohlklingendem Bariton, Scooter und Friseurkoffer zur Haar- und Nagelpflege ins Haus. Sieglinde Feldhofer als Berta, Michael Hauenstein als Basilio und Davidmcshane als Bartolo verleihen dem Aberwitz zusätzliche Noten.
Detailliert gestaltet die absurde Komödie die Musik aus. Manches wäre verzichtbar, aber jedes Wort, jede Geste stimmt mit der Partitur überein. Ein wenig bedauert man, dass bei allem Vergnügen an der ausufernden Visualisierung (verdiente!) Aufmerksamkeit vomhören abgezogen wird. Beate Frakele „Il barbiere di Siviglia“von Gioachino Rossini. Nächste Termine: 11. 10., 21. 10. (18 Uhr), 23. 11., 20. 12., 19.30 Uhr, Oper Graz. Karten: Tel. (0316) 8000, www.oper-graz.com