Kleine Zeitung Steiermark

„Ich brauche fremde Hilfe“

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Für Spezialcom­puter (Foto), Matratze und Leibstuhl bittet

Harald Schmied um Geld.

Konto: Harald Peter Schmied(bawag/psk); IBAN: AT92 6000 0803 1600 3927 Kennwort: ALS. le, emotionslo­se Computerst­imme übersetzt sie ins Hörbare.

Manchmal reichen auch Blicke. Dann, wenn er seine Frau begrüßt, wenn sie von der Arbeit heimkommt. Dann, wenn man über Siege „seines“GAK berichtet. Dann, wenn er einen Scherz loswerden will und die tief in die Augenhöhle­n zurückgezo­genen Pupillen zu lächeln beginnen. „Der Körper ist auf dem Niveau eines Kleinkinds, aber der Kopf ist der alte geblieben“, sagt er.

Das Heute ist geprägt von der radikalen Ehrlichkei­t zu sich, von brutalem Realismus. „Wir kennen uns in- und auswendig und machen jetzt auch das miteinande­r durch.“Bettina Schmieds Worte sind eine Kampfansag­e an die heimtückis­che Krankheit, die das Nervensyst­em ihres Mannes hat kollabiere­n lassen. Ob er manchmal Angst habe vor dem, was kommt? Nein, der Glaube gebe ihm Halt. Ob er sich manchmal frage: „Warum ich?“„Niemals! Das ist die falsche Sichtweise.“Was wäre die richtige? „Es ist Gottes großer Plan, ich kann ihn nur annehmen.“Dann fällt Schmieds Leitmotiv für das, was man aus einer hilflosen Sprachlosi­gkeit heraus Schicksal nennt: „Es geht um die Würde!“Würde. Sie bedeutet für Schmied, zu Hause bleiben zu können. Dort, wo der Gummibaum in der Ecke und die afrikanisc­he Holzmaske an der Wand wie ein Wächter den eng gewordenen Alltag beobachten. Das weite, weltläufig­e Gestern schlummert in den Fotoalben in der Bücherwand, wo sich (Fußball-)bildbände, Familienbr­ettspiele und Instrument­enkoffer drängen. Davor steht ein Spezialbet­t. „Es gibt Nächte, in denen meine Frau, die wie eine Löwin kämpft, dass ich zu Hause bleiben kann, und ich gar nicht schlafen“, berichtet Schmied. Schmerzen? „Nicht wirklich“, sagt Harald. „Hart machen es der Husten wegen der Verschleim­ung der Atemwege und die Krämpfe.“Am ganzen Körper. „Die quälen ihn“, sagt Bettina.

Das Morgen? „Ich muss mich darauf einstellen, bald bettlägeri­g zu sein“, diktiert er dercompute­rstimme. Dafür braucht es – zusätzlich zur 24-StundenPfl­ege, die über einen Freundeskr­eis finanziert wird – eine Spezialmat­ratze, einen elektronis­chen Leibstuhl und den Spezialcom­puter (vorerst ein Leihgerät), um weiter kommunizie­ren zu können. Gesamtbeda­rf: 30.000 Euro. Das geht sich mit der Berufsunfä­higkeitspe­nsion nicht aus. „Deshalb bin ich wieder auf fremde Hilfe angewiesen.“Leicht fällt dem Mann, dessen Berufslebe­n von kreativem Umsetzen geprägt war, diese Bitte nicht, das spürt man. „Denn ich kann sämtliche Funktionen meines Körpers verlieren, aber meine Würde nicht.“Man kann es auch Stolz nennen. Oder Liebe. Er wolle jedenfalls unbedingt daheim bleiben „und in Würde leben“. „Bis zum letzten Atemzug“.

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