Ihr letzter Schleier ist gefallen
Popstar Lady Gaga spielt im Film „A Star Is Born“ihre erste Hauptrolle. Für die New Yorkerin eine Chance, sich nicht neu zu erfinden, sondern sich selbst zu finden.
Es schillert in Malibu, das Meer, natürlich, aber mit dem Glanz in dieser Hütte kann es nicht mithalten: Ballons, sternförmig, glitzernd, sie verstopfen ein Stiegenhaus, das unter normalen Wohnverhältnissen eher einer Arena gleicht. Aber die, die über die Treppe die Ballonwolke umrundet, für sie ist eine Arena ohnehin so etwas wie ihr angestammtes Ökosystem.
Die junge Dame kennt man außerhalb dieser vier oder vierhundert Mauern, wer weiß das imuniversum von Reichen und Schönen schon so genau, unter dem Namen Lady Gaga – schillernd ist übrigens ihr zweiter Vorname. Passenderweise ist diese Szene im Eingang die Eingangsszene der im Vorjahr veröffentlichten Netflix-doku „Gaga: Five Foot Two“, ein Porträt über jene Sängerin, die seit ihrem Durchbruch 2008 unter dem Begriff „Pop-phä-
Das berühmte Fleischkleid und ihre Männerperformance bei den MTV Awards im Jahr 2010
AP (2), AFP nomen“schubladisiert wird. Die schillernden Ballons waren ein dezenter Gruß der Filmfirmawarner Bros. Es gehe um einen Film, so die Sängerin damals beiläufig: „Die wollen einen Film mit mir machen. Und ich soll die Hauptrolle spielen.“Der Name des Films: „A Star Is Born“. Ballons, sternförmig, glitzernd – Warner Bros. hatte den richtigen Riecher.
Seit Donnerstag läuft der Film in den Kinos und schon ist hin und wieder die Rede von einem goldig-glänzenden Kerl: Oscar-chancen? Was weiß man schon. Der Film selbst ist keine Neuerfindung, sondern die vierte Version eines bewährten Hollywood-stoffes: Abgehalftertercountrystar trifft in abgehalfterter Bar auf ein Gesangstalent, das von null auf 100 durchstartet. Doch ihr Aufstieg ist sein Abstieg: Die Sucht, sie zieht, aber nie nach oben wie ein Ballon, sondern nach un- ten, wie ein nasser Sandsack. Die Kluft, die entsteht, lässt das Paar Ally und Jackson auf der Leinwand taumeln. Die beiden Darsteller Lady Gaga und Bradley Cooper, dessen Regiedebüt der Film gleichzeitig ist, haben diesen Seiltanz hingegen mit Bravour gemeistert.
Für Lady Gaga ist es die erste Hauptrolle in einem Film. Und es ist ein Fortschritt, der ohne Rückschritt nicht möglich war. Die schrille Popsängerin häutet sich für die Rolle, legt alles ab. Will man es noch dramatischer ausdrücken: Der letzte Schleier im Tanz der Salome ist gefallen.
Die exzentrische Lady, die vom essbaren Fleischkleid bis zum durchsichtigen Plazentamantel sämtliche Bewohner eines modischen Bestiariums ausgeführt