Ist in einer Krise, sondern Europa“
Gregor Henckel Donnersmarck, lange Jahre Abt des Stiftes Heiligenkreuz, über seinezweileben, eine kranke Wirtschaft und ein Europa, das keine Zukunft hat.
Herr Abt, Anlass für unser Gespräch ist Ihr neues Buch. Warum haben Sie es jetzt geschrieben?
ABT GREGOR HENCKEL DONNERSMARCK: Ich bin 75 Jahre alt und blicke auf ein schönes, erfülltes Leben zurück und daran möchte ich andere teilhaben lassen. Dertitel „Der Spediteur Gottes“bezieht sich darauf, dass ich vor meinem Eintritt ins Kloster als Kaufmann, als Spediteur, gearbeitet habe. Diese berufliche Erfahrung konnte ich später oft einsetzen, außer als Abt. Da ist man Vater, Lehrer, Arzt, aber kein Manager.
An wen ist das Buch gerichtet?
Seit 40 Jahren fragt man mich: „Wie konnten Sie bloß Ihre Stelle als erfolgreicher Manager aufgeben? Da muss ja etwas Schreckliches passiert sein.“Aber es ist nichts Schreckliches passiert. Es war kaufmännisches Denken: Was spricht für, was gegen einen neuen Lebensansatz? Am Ende habe ich mich dafür entschieden, Ordensmann und Priester zu werden.
Es gehen immer mehr Männer über 30 ins Kloster. Waren Sie ein Vorläufer?
Ja, der Anteil an Spätberufenen bei Ordens- und Weltpriestern nimmt stetig zu. Ich denke, das ist für beide Seiten günstig, für den Menschen und für die Kirche: Wenn schon jemand Erfahrung hat, im Leben, in derwelt, in derwirtschaft, in der Politik, im Umgang mit Menschen: Dann ist er noch besser vorbereitet auf den Beruf, den er ausüben soll.
Ist es eine Flucht vor dem immer fordernderen Arbeitsleben?
Ich denke, dass der Druck in den vergangenen Jahren tatsächlich zugenommen hat – bei mir war es nicht so, ich war in meinem Beruf glücklich. Wir brauchen in derwirtschaft wieder mehr Ethik – wobei es nicht stimmt, dass die gesamte Wirtschaft kriminell ist. Ich habe bis heute gute Verbindungen zu Wirtschaftstreibenden, und da orte ich ein Bedürfnis nach verantwortlichem, ethischem, nachhaltigem Wirtschaften.
Was ist mit dem Turbokapitalismus?
Wir haben 1989 das Ende des Kommunismus erlebt, in Folge dessen sind falsche Propheten aufgetreten, die gesagt haben: „Der Kapitalismus hat gesiegt!“Doch der reine Manchester-kapitalismus ist ein falscheswirtschaftssystem. Das österreichische System, die soziale Marktwirtschaft, ist meiner Meinung nach der richtigeweg.
Auch immer mehr Menschen aus Afrika hoffen, ihr Auslangen in Europa zu finden.
Ich halte es da mit dem äthiopischen Prinzen Asfa-wossen Asserate: Wenn Europa nicht nach Afrika geht, also hilft, kommt Afrika nach Europa.
Sie selbst sind in Schlesien geboren, in Kärnten aufgewachsen und nun seit Jahrzehnten in Niederösterreich. Als was fühlen Sie sich?
Ich bin ein begeisterter Europäer. Ein friedliches Europa ist ein gutes Ziel. Das heißt nicht, dass man den kleineren kulturellen Rahmen, in dem man lebt, nicht Styria Media Center, Gadollaplatz 1, 8010 Graz. Moderation: Monika Schachner