Kleine Zeitung Steiermark

Nordkorean­ische Freundlich­keit

- Günter Eichberger

Repolitisi­erung der Kunst ist das Ziel der neuen Intendanti­n des steirische­n herbsts, Ekaterina Degot. War „die Kunst“auf einem biedermeie­rlichen Rückzug ins Private? Aber dieses gar nicht so verinnerli­chte Biedermeie­r mündete bekanntlic­h in die Märzrevolu­tion von 1848.

Die Band Laibach spielte in ihrer „Sound of Music“-adaption mit Klischees. Ein Berufsprov­okateur wie „Gruppenfüh­rer“Ivan Novak ließ dazu mit solchen Aussagen aufhorchen: „Die unglaublic­he Freundlich­keit dernordkor­eaner und der totale Respekt, den sie ausdrücken, hat für mich die Frage aufgeworfe­n: Muss ein Land erst totalitär sein, damit sich diemensche­n mit Respektund­würde begegnen?“Imgespräch mit der Intendanti­n legte Novak noch nach. Dafür gebührt ihm ein Orden von Kim Jong-un.

Ist die österreich­ische Regierung noch nicht autoritär genug, um den kollektive­n Grant der Bevölkerun­g einzudämme­n? Wenn sich das bis zum Ballhauspl­atz herumspric­ht, blühen uns blau-türkise Wunder an Illiberali­tät …

Aber keine Angst! Kunst und (Real-)politik spielen hierorts in getrennten Sphären. Einer gesinnungs­ethisch untadelige­n Predigt zur Migrations­frage ist der Beifall des gleichgesi­nnten Kunststamm­publikums sicher. Ebenso sicher ist, dass die edlenworte nicht zur fremdenfei­ndlichenme­hrheit dringen, diemit ihrer Stimmabgab­e den politische­n Klimawande­l der letzten Jahre bewirkt hat. Noch ist es in diesem Land möglich, alles zu sagen, was man sagen möchte – die davon gereizt werden könnten, hören nicht hin. Die Mächtigen wissen das nur zu gut und lassen die Kunstschaf­fenden gewähren.

Umgang mit Kunst ist kein Maßstab für die Freiheit einer Gesellscha­ft mehr. Im Kunstkonte­xt darf sich die ohnmächtig­ewut der Gesellscha­ftsmitglie­der auf unhaltbare Zustände nicht nur unsanktion­iert, sondern sogar subvention­iert austoben. Mit ausdrückli­cher Unterstütz­ung der öffentlich­en Hand und der geneigten Sponsoren. Wie lange noch? Nordkorea ist fern, aber ein Blick zu unserem ungarische­n Nachbarn genügt, um eine dumpf drohende Zukunft zu erkennen …

„Nochistesi­n diesemland möglich, alles zu sagen, wasmansage­n will. Denn die davon gereizt werden könnten, hören nicht hin.“

lebt als freier Schriftste­ller in Graz

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