Kleine Zeitung Steiermark

Zur Person

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hässliche Brille brauche, und dachte nicht daran, mich von der letzten in die erste Reihe zu setzen. Zuzugeben, etwas nicht zu können, lag mir fern. Heute soll mir das egal sein. Ich habe keine Lust mehr, das Negative in mir für mich zu behalten. Ich habe keine Lust Christoph Schattleit­ner (25 ) ist Journalist, Redakteur bei „Vice“und momentan in Bildungska­renz, um sein Jus-studium voranzubri­ngen. Er wuchs in Öblarn auf, studierte in Graz Journalism­us und PR. Dieser Text erschien in voller Länge bei „Vice“(www.vice.com) und wurde hier in gekürzterv­ersionabge­druckt. In den sozialen Medien sorgte diepersönl­ichegeschi­chte Schattleit­ners für viele Reaktionen. mehr, die lächelnde Fassade zu wahren. Ich schreibe diesen Text, weil ichweiß, dass der gegenwärti­ge Umgang mit psychische­n Krankheite­n eine Depression noch schlimmer macht.

Bis vor einem Jahr dachte ich, es reicht, ein bisschen auf die Work-life-balance zu achten und mit Kritik und Rückschläg­en umgehen zu können. Ich habe gedacht, dass jedes Hindernis mit der richtigen Portion Willensstä­rke zu bewältigen sei.

Nach dem Krankenhau­saufenthal­t freute ich mich fast darauf, die ärztliche Erlaubnis zu haben, mich auszuruhen. Ich las endlich die Sachbücher, die sich gestapelt hatten, probierte neue Rezepte aus, kaufte ein Fahrrad und schraubte daran herum. Meine Kopfschmer­zen wurden aber nicht weniger, sondern mehr. Ich konnte dasweder verstehen noch akzeptiere­n. Ich konnte nicht verstehen, dass ich mich um 10 Uhr komplett „gesund“fühlte und um 12 Uhr meinen Kopf unter kaltes Wasser halten musste, weil ich dachte, er würde explodiere­n. Es war die Unvorherse­hbarkeit der Schmerzen, die mich fertigmach­te. Als es mir ein paartage lang besser ging, kehrte ich in die Arbeit zurück und erzählte stolz und etwas entschuldi­gend, dass ich wieder einsatzfäh­ig sei.

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