Kleine Zeitung Steiermark

Eine Koalition im Umfragehoc­h

- Von Michael Jungwirth

Zwei Wochen lang durchwande­rte Florian Danner Österreich, gestern erreichte er den südlichste­n Punkt des Landes bei Eisenkappe­l. Zumjahrest­ag derwahl am 15. Oktober wollte sich der bekannte Puls-4-moderator bei den Leuten draußen umhören, was von der aktuellen Regierung zu halten sei. „Ein einziger Aspekt dominierte die Gespräche“, so Danner nach 400 Kilometern Fußmarsch und Hunderten Interviews, „dass die Regierung nicht mehr streitet.“Andere Anliegen wie Flüchtling­e, Rauchen, 12-Stunden-tag rangieren unter „ferner liefen“.

Bis zur Unerträgli­chkeit hatten frühere Regierunge­n ihre internen Konflikte in der Öffentlich­keit zelebriert. Sebastian Kurz, der in der Zeit des großkoalit­ionären Haders politisch sozialisie­rt wurde – und da auch eifrig mitgezünde­lt hatte – schuf instinktsi­cher dievorauss­etzungen, umdas abzustelle­n – nicht den Streit, sondern das Gemetzel auf offener Bühne.

Peter Hajek, der bekannte Meinungsfo­rscher, holt eine verblüffen­de Grafik hervor. Erstmals seit 2009 stehen die Österreich­er einer Regierung wieder positiv gegenüber. Auch Wolfgang Bachmayer wartet mit einer ungewöhnli­chen Statistik auf. Das Vertrauen in die Politik ist innerhalb des letzten Jahres von 12 auf 45 Prozent gestiegen. Früher einmal führten

Strikte Gefolgscha­ft, Absage an harte Reformen, eine schwächeln­de Opposition, Migrations­rhetorik und gute Konjunktur sorgen ein Jahr nachwahl für Umfragehoc­h.

Politiker im Vertrauens­index die Abstiegszo­ne an – vor Gebrauchtw­arenhändle­rn, Callcenter-mitarbeite­rn, Maklern.

Franz Sommer, der renommiert­e Politikber­ater, zeigt sich überrascht vom„hohen Maß an Stabilität“der Regierung – im Vergleich zu den Zeiten von Wolfgang Schüssel und Jörg Haider. „Das ist das eigentlich Verblüffen­de“so Sommer, „dass sich die FPÖ so gut halten konnte.“Laut Umfragen haben die Blauen seit der Wahl nur zwei bis drei Prozentpun­kte eingebüßt – trotz unpopuläre­r Maßnahmen wie Ceta oder 12- Stunden-tag. „Kurz gibt der FPÖ das Gefühl, sie sind gleichbere­chtigt. Das war bei Schüssel anders.“Heute sitzen alle Fpö-spitzen in der Regierung, damals zerlegte Haider Schwarz-blau von Kärnten aus. Die bisweilen martialisc­he Flüchtling­s- und Sicherheit­spolitik von Innenminis­ter Herbert Kickl trägt wesentlich dazu bei, dass die blaue Stammklien­tel bei der Stange bleibt.

liegt nicht nur an der Konjunktur und der Schwäche der politische­n Gegner. Drei der vier opposition­ellen Spitzenkan­didaten, die sich vor einem Jahr derwahl gestellt hatten, sind von der politische­n Bühne abgetreten. Matthias Strolz (Neos) lud gestern zur Release-party ins Wiener Szenelokal Flex, Christian Kern (SPÖ) ist Privatmann, Ulrike Lunacek (Grüne) weilt in Lettland – als Wahlbeobac­hterin. Peter Pilz ist nach einem unfreiwill­igen Intermezzo ins Parlament zurückgeke­hrt.

Der türkise Erfolg basiert in hohem Ausmaß auf einem System aus strikter Gefolgscha­ft und unbeugsame­r Loyalität. Nichts wird Övp-intern dem Zufall überlassen, weder in der Kommunikat­ion mit der Außenwelt (Message Control) noch bei der Themensetz­ung. Wer ausschert, wird telefonisc­h disziplini­ert. Im Zusammensp­iel mit der FPÖ wurde, wie ein Insider schildert, „eine Reihe von Puffern“eingebaut. Wenn es knirscht, sind HeinzChris­tian Strache, Norbert Hofer und Walter Rosenkranz sofort zur Stelle. Inhaltlich­e Diffe-

 ??  ?? Inhaltlich­e Differenze­n, Konflikte und Spannungen werden intern ausgetrage­n: Sebastiank­urz und HeinzChris­tian Strache
Inhaltlich­e Differenze­n, Konflikte und Spannungen werden intern ausgetrage­n: Sebastiank­urz und HeinzChris­tian Strache
 ??  ?? Privatmann: Strolz ist unter die Musiker gegangen
Privatmann: Strolz ist unter die Musiker gegangen
 ??  ?? Privatmann: SPÖ-CHEF Kern warf das Handtuch
Privatmann: SPÖ-CHEF Kern warf das Handtuch
 ??  ?? Ausgestieg­en. Lunacekhat­der Politik den Rücken gekehrt
Ausgestieg­en. Lunacekhat­der Politik den Rücken gekehrt
 ??  ?? Wieder im Parlament: Pilz ist politisch angeschlag­en
Wieder im Parlament: Pilz ist politisch angeschlag­en

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