„So heiß wie in einem Hochofen“
Der Abbruch der Betondecke des Gleinalmtunnels läuft einewoche nach dem Großbrand auf Hochtouren. Die neue Röhre hat massive Schäden davongetragen. Ein Baustellenbesuch.
Die Deckenfelder 598 bis 594 in Richtung Norden müssen wir durcharbeiten. Ob wir 593 und 599 auch rausnehmen müssen, wissen wir, wenn die Bohrkerne überprüft sind“, funkt Sepp Hofmann knappe Kommandos über sein Mobiltelefon in den Gleinalmtunnel. Seit das ausgebrannte Wrack des 84-Tonnen-kranwagens Mittwochabend aus dem Tunnel geschleppt wurde, tickt die Uhr für die Sanierung, dirigiert Hofmann von der Bauaufsicht die Prüfung des Schadensbildes. Im Vorjahr noch führte er die Kleine Zeitung stolz durch sein Baby, die neue 8,3 Kilometer lange Röhre.
Jetzt ist sie auf einer Länge von mehr als 60 Metern ein Trümmerfeld. Totalschaden. Bagger grollen, warten, legen los. Fünf 80 Tonnen schwere Deckenfelder sind zu tauschen. Es knirscht unter den Füßen bei jedem Schritt. 450 Tonnen Schottersand sind aufgeschüttet, um weitere Fahrbahnschäden zu verhindern, falls Trümmer von der Decke krachen. Tut einem da nicht das Herz weh? „Nein“, schüttelt Sepp den Kopf. Und wenn es 1000 Mal sein Baby ist, es bleibt keine Zeit für Sentimentalitäten: „Da funktionierst du einfach.“In spätestens zwei Monaten soll es wieder freie Fahrt geben.
Seit 40 Jahren ist er im Tunnelbau und blickt doch wieder auf eine neue Herausforderung: „Dass man derart instabile Decken runternehmen muss, hab ich noch nicht erlebt. Da darf keiner drunter stehen, wir sind auch bereit, Stützen zu opfern, die einknicken, brauchen absolute Sicherheit, dass kein Arbeiter zu Schaden kommt.“ie Hitze ließ den Beton, der Feuchtigkeitseinschlüsse hat, aufplatzen.
DBewährungseisen hingen bis zum Boden runter. Mit 700 Stehern hat man die Decke abgestützt. „Auch die Auflieger sind schwer beschädigt.“Das ist der Abschluss der Seitenwände, auf dem die 80-Tonner der Decke beidseitig thronen. „Deshalb müssen wir auf 60Meter Länge auch die oberen eineinhalbmeter der Seitenwände tauschen.“Die Wände auf dieser Höhe werden durchgeschnitten. Dann kommt ein Roboter, der den Beton „wegwäscht“. Die Düse fräst die Wand mit 3500 bar Wasserdruck weg. Dann wird neu betoniert.
„Wir hatten an der Decke bis zu 1000 Grad, wie im Hochofen“, erzählt der Leiter der Betriebstechnik des Tunnels, Harald Purgay. Die Absaugklappe, die Rauch und Hitze mit 200 Kubikmeter Luft in der Sekunde aus der Röhre geblasen hat, ist weggeschmolzen. Bei diesem Loch in der Decke hat am Don- nerstag der Abbruch der Betonriesen begonnen. urgay war auch am Brandtag in der Röhre im Einsatz: „Nicht für die Betriebstechnik, ich war außer Dienst, aber als Feuerwehrmann.“Schon zum dritten Mal: „Ich war auch bei dem Brand mit den fünf Toten 2001 als Atemschutzträger hier herinnen und 2016, als der Bus brannte. Es wird einem schon mulmig, aber langsam hab ich Routine.“Damit die Sicherheitstechnik im Tunnel wieder funktioniert, ist noch viel zu tun. Rund 100 Kabel liegen unter der Gussasphaltdecke der Gehsteige. Diese sind zu prüfen und schlimmstenfalls auf einer Länge von 1,5 Kilometern zu erneuern. Auch das muss bis Dezember erledigt sein: „Die Systeme haben sofort angeschlagen und neben Lenker und Begleitfahrern geholfen, eine echte Tragödie zu verhindern.“
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