Kleine Zeitung Steiermark

Freunde fürs Leben

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Stunden meines Lebens habe ich meinen Kindern vorgelesen. Die schönsten waren die im Bett, wenn sie sich, als sie noch klein waren, an mich kuschelten und ich ihnen von den Abenteuern der „Raupenimme­rsatt“oder vom„kleinen Lumpenkasp­erle“vorlas. So lange, bis meistens mir als Erstem die Augen zufielen und ich zu lallen und Wörter auszulasse­n anfing. Meine Kinder wussten mich gekonnt am Einschlafe­n zu hindern, indem sie mir unter der Tuchent ins Schienbein traten oder in den Oberarm zwickten und mich in strengem Tonfall auffordert­en: „Papa, lies ordentlich!“

Später las ich ihnen Sagen vor, von Hagen, dem zwiespälti­gen Helden aus den „Nibelungen“, den Benedikt nur den Hacken nannte, offenbar, weil er so grässlich war.

Ich erinnere mich auch an Noah Gordons „Medicus“, diesen großartige­n Roman über die fasziniere­nde Welt des Mittelalte­rs, den ich im heißen Sand am Tyrrhenisc­hen Meer in Händen hielt. Und in der Skihütte am warmen Kachelofen Dominiks Lieblingsb­uch „Rascal, der Waschbär“, das er in den nächsten Jahren noch ein halbes Dutzend Mal lesen sollte. Bücher begleitete­n unsere Kinder durch ihre Jugend, zu jedem Geburtstag lag eines auf dem Gabentisch.

Für den heurigen Familienur­laub hatte Astrid die Idee, jeweils zwei Kindern, nach ihren Interessen, ein Buch zu kaufen, über dessen Inhalt sie sich dann austausche­n sollten. So bekamen Nikolaus und Sophie, unsere beiden Veganer, „Tiere denken“von Richard David Precht, Antonia und Anna „Das weibliche Prinzip“, und für unseren jüngsten Sohn und mich hatte meine Frau den Bestseller „Why not?“von Lars Amend ausgesucht. Die Lektüre bescherte uns beiden lange, interessan­te Gespräche.

Nachdem unsere Kinder glaubhaft versichert haben, diesmal zu Weihnachte­n auf Geschenke verzichten zu wollen (nur der Christbaum muss so groß sein, dass seine Spitze an der Zimmerdeck­e anstößt), wird sich meine Frau, die so gerne jemandem eine Freude bereitet, schweren Herzens damit abfinden müssen.

Wenigstens ein Packerl soll jedes Familienmi­tglied bekommen: ein Buch.

Sie erreichen den Autor unter: g.hofmann-wellenhof@gmx.at Die neuesten Notizen

160 Seiten, 16,90 Euro

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