Kleine Zeitung Steiermark

„Auf demweg nach Europa“

- Von Christian Wehrschütz, Belgrad

Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen besucht heute und morgen Serbien. Vor dem Treffen der Amtskolleg­en baten wir Serbiens Präsident Aleksandar Vucˇic´ zum Interview.

mand sagt, lasst uns die Grenzen festlegen. Lasst uns diese Grenze ziehen, damit wir Frieden und Stabilität die nächsten hundert Jahre haben.

Zweifellos gibt es informelle Gespräche zur Lösung des Kosovo-konflikts. Worüber wird da gesprochen, auch über die Grenzfrage, aber wahrschein­lich auch über viele andere Fragen?

In informelle­n Gesprächen sprechen wir über alles, jeder präsentier­t seine Ideen. In informelle­n Gesprächen redet man über die Zukunft, bleibt man nicht in dervergang­enheit, spricht darüber, was erreicht werden muss. Denn viel wichtiger als die Grenze ist ein Gesamtpake­t. Dazu zählen der europäisch­eweg Serbiens, die Sicherheit der Bewohner im Kosovo, die Fragen des Eigentums, der Rückkehr von Flüchtling­en und Vertrieben­en, der serbischen Firmen, der Schulen und Krankenhäu­ser, der Klöster. Das sind viele Fragen, die es zu lösen gilt, ehe wir zur Frage der Grenze kommen. Ich fürchte, dass heute nurwenigep­ersonen in der Region und weltweit irgendetwa­s lösen wollen. Alle warten auf bessere Zeiten, die aber nicht kommenwerd­en, das ist nur eine Ausrede und eine Rechtferti­gung für Untätigkei­t. Das ist am leichteste­n, doch ich bin gegen leichte Lösungen.

Wie bewerten Sie generell den Dialog zwischen Belgrad und Prishtina unter Federführu­ng der EU? Die Gespräche dauern bereits fünf Jahre, mehr als ein Jahr gibt es praktisch keine Fortschrit­te.

Am leichteste­n ist es zu sagen, dass die Gespräche nichts gebracht haben. Doch in den fünf Jahren haben wir, von vereinzelt­en Zwischenfä­llen abgesehen, Frieden und Stabilität bewahren können. Das ist das wichtigste Ergebnis auch für alle, die im Kosovo leben, für die Serben und die Albaner. Verhandlun­gen sind die einzige Option, eine andere gibt es nicht. Dazu zählt auch das Bestreben, Verständni­s für unsere

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