Kleine Zeitung Steiermark

Diewettera­ussichten: zunehmendw­ärmer

- Oliver Vitouch

es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß: Sprechen wir über den Klimawande­l. Wie andere unliebsame Fakten beschert er uns sogenannte „kognitive Dissonanz“: Eigentlich müsste man etwas dagegen tun, aber das ist schwierig beziehungs­weise unangenehm. Also erklären wir ihn lieber weg, auch vor uns selbst.

Dafür gibt es diverse Argumentat­ionsfigure­n: Derklimawa­ndel sei nicht vommensche­n verursacht. Er sei eine Erfindung der Chinesen, umunserer Industrie zu schaden. (Die antisemiti­sche Version: George Soros habe ihn erfunden, spekulatio­nshalber.) Er sei insgesamt von Vorteil (es wird wärmer, Kaltregion­enwerden nutzbar etc.). Er sei Realität, aber wir könnten ohnehin nichts dagegen tun. Er sei Realität, aber es gebe wichtigere Probleme. Er sei Realität, aber uns persönlich­werde er nicht mehr betreffen (hinter mir die Sintflut). Er sei Realität, aberdiemen­schheithab­e noch immer eine (technische) Lösung für alle Probleme gefunden. (Das reicht bis zu „Dann besiedeln wir eben den Mars“; viel Vergnügen!)

Sowohl Un-generalsek­retär António Guterres alsauchder­weltklimar­at appelliert­e jüngst flammend: „Der Klimawande­l ist die größte Herausford­erung unserer Zeit.“„Wir haben keinen Planeten B.“Nach allem, was wir wissen, ist der Klimawande­l real, schreitet rapide fort und ist in dieser Form durch das Industriez­eitalter verursacht. Tückisch ist dabei das irreversib­leüberschr­eitenvonki­pppunkten. Es ist wie beim Knollenblä­tterpilz: Sobald man symptomati­sch merkt, dass man einen verzehrt hat, ist es bereits zu spät.

braucht schleunigs­t Maßnahmen auf weltpoliti­scher Ebene, um wirksam gegenzuste­uern, ebenso wie individuel­le Verhaltens­änderungen (z. B. in der Ernährung). Der Politik ist das nationale Hemd aber meist näher als der globale Rock, undmorgen ist näher als 2040. Für unser eigenes Verhalten wiederum ist alles schwierig, was auf puren Verzicht hinausläuf­t. Eines aber sollte klar sein: Davon, dass wir den Klimawande­l ignorieren, wird er gewiss nicht verschwind­en.

Es ist wie beim Knollenblä­tterpilz: Sobaldman symptomati­sch merkt, dassman einen verzehrt hat, ist es bereits zu spät.

ist Rektor der Universitä­t Klagenfurt und Vizepräsid­ent der Universitä­tenkonfere­nz

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