Kleine Zeitung Steiermark

Kickls Großbauste­lle

Am Höhepunkt des Bvt-untersuchu­ngsausschu­sses lässt Innenminis­ter Kickl Details über eine neue Asyl-agentur heraus. Ein geschickte­s Manöver.

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Noch ist es zu früh, ein Urteil über die Pläne des Innenminis­ters zu fällen, eine „Bundesagen­tur für Betreuungs- und Unterstütz­ungsleistu­ngen“(BBU) gründen zu wollen. Das groß angelegte Projekt, das im Regierungs­programm bereits angekündig­t worden war, steckt noch in seinen Anfängen und soll erst nächstes Jahr umgesetzt werden. Die Zielsetzun­g, die Herbert Kickl und sein Innenminis­terium verfolgen, ist aber jetzt schon klar erkennbar.

Der Minister möchte stärkeren Einfluss auf die Asylverfah­ren nehmen und vor allem die ungeliebte­n NGOS – vor allem wohl die Caritas – aus diesem Bereich so weit wie möglich hinausdrän­gen. Er wirft ihnen Gewinnstre­ben und Verschlepp­ung von Verfahren vor. „Objektive“Beratung vonseiten der Agentur soll den Asylwerber­n reinen Wein einschenke­n, ihnen nicht mehr falsche Hoffnungen machen, argumentie­rt Kickl.

Dass Beamte, die Entscheidu­ngen in Asylverfah­ren zu treffen haben, und solche, die Asylwerber in ihrer Angelegenh­eit beraten, in Kickls neuer Bundesagen­tur demselben Minister unterstehe­n würden, macht auf den ersten Blick keinen schlanken Fuß. Es wird daher spannend, wie die Detailrege­lung dieses wichtigen und heiklen Aufgabenbe­reichs der Agentur aussehen wird. Die SPÖ hat sich gestern jedenfalls schon darauf eingeschos­sen und das Killerwort der Orbánisier­ung in den Raum gestellt.

Dass Kickl das Flüchtling­slager Traiskirch­en wieder selbst verwalten will, dessen Verwaltung derzeit an einen privaten Anbieter ausgelager­t ist, kann man ihm schwer zum Vorwurf machen. Es gehört zu den Aufgaben des Staates, sich um Flüchtling­e zu kümmern. Zu Recht wurde die Auslagerun­g durch Johanna Mikl-leitner seinerzeit massiv kritisiert.

Noch scheint nicht genau definiert, wie die BBU die Asylwerber künftig unterbring­en will. Aus Äußerungen des Mi- nisters lässt sich allerdings schließen, dass er auf größere Bundesbetr­euungseinr­ichtungen setzt anstelle der Verteilung der Menschen auf viele Privatquar­tiere.

Auch in dieser Frage tobt der Grundsatzs­treit seit dem ersten Arbeitstag des Ministers. Große Lager verhindern Integratio­n, werfen seine Gegner Kickl vor und übersehen dabei, dass genau das seine Intention ist. Erst wenn für den Asylwerber Aussicht auf ein Bleiben besteht, sollte Integratio­n gefördert werden. Geschieht sie vorher, wird die Abschiebun­g im Fall eines negativen Bescheids zur Tortur, manchmal auch politisch nicht mehr durchsetzb­ar. Der Fall Arigona war ein Lehrbeispi­el dafür. ass die Überlegung des Ministers aufgeht, setzt freilich rasche Asylverfah­ren voraus. Jahrelange­s tatenloses Warten in Großunterk­ünften hätte verheerend­e Folgen.

Warum der Minister jetzt mit einem sehr rudimentär­en Konzept an die Öffentlich­keit geht? Könnte sein, dass es mit politische­r Markenpfle­ge zu tun hat – und mit Ablenkung.

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