Zieleinlauf in Europa
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kunft in Wien wurden Ederer, Mock, Vranitzky, der spätere Eu-kommissar Franz Fischler, Eu-botschaftercorradopirzioBiroli, Vizekanzler Erhard Busek und Österreichs Botschafter bei der EU, Manfred Scheich, wie Helden gefeiert. un galt es, noch die Bevölkerung zu überzeugen. Die Diskussionen auf der Straße, innerhalb der Familien und am Stammtisch waren durchwegs emotional. Der „Ederer-tausender“symbolisierte die Argumente derregierung mit Wirtschaftsaufschwung, Marktliberalisierung und daraus resultierenden billigeren Lebensmitteln. Jörg Haider, als Chef der größten Oppositionspartei eher aus taktischen Gründen zum EU-GEGner mutiert, hielt dagegen mit spanischem Joghurt aus Schildläusen statt Erdbeeren. Die Qualität heimischer Lebensmittel könne nicht mehr garantiert werden unter einem zentralistischen und bürokratischen Diktat aus Brüssel. Bei der Tiroler Landtagswahl am 13. März 1994 gelang den Grünen aufgrund ihrer Eu-kritischen Haltung ihr erstes zweistelliges Ergebnis. Eva Lichtenberger wurde erste grüne Landesrätin, der jetzige Innsbrucker Bürgermeister Georgwilli ihr Klubobmann. Grüne Hochburgen waren vor allem vom Transit betroffene Gemeinden im Inntal.
Am 12. Juni 1994 triumphierten dennoch die Regierungsparteien. Exakt zwei Drittel der Österreicher stimmten mit einerrekordbeteiligung von über 82 Prozent für den Beitritt zur EU. Nicht nur das Gesamtergebnis war deutlich, auch in jedem Bundesland überwogen die Pro-eu-stimmen. Kärnten und die Steiermark lagen mit 68
Nbzw. 69 Prozent leicht über dem Durchschnitt. Der Weg mitten ins Herz Europas war frei. Gleichzeitigwar dieser Sieg der Anfang vom Ende des gemeinsamen Regierens von SPÖ und ÖVP. Die ÖVP rang bereits Jahre mit ihrer undankbaren Rolle als Juniorpartner. Nach Josef Riegler und Erhard Busek sollte der dritte Obmann Wolfgang Schüssel die neue Linie definieren. Im April 1995 löste er Busek als Bundesparteiobmann der ÖVP und Vizekanzler ab und übernahm von Mock das Außenministerium. Kurz darauf beendete Schüssel anlässlich der Budgetverhandlungen die Koalition. Nur 14 Monate nach der Nationalratswahl 1994 fand die erste Wahl nach dem EUBeitritt statt. Aber auch nach der kürzesten Legislaturperiode der Zweiten Republik gingen Franz Vranitzky und die SPÖ gestärkt vom Platz. „Für Experimente ist mir Österreich zu kostbar“, meinte er auf Plakaten und schätzte damals die Stimmung der Österreicher richtig ein. Es wurde das beste Ergebnis seiner Kanzlerschaft. Für Schüssel hieß es, weiter warten. icht nur in der Politik wurden in den 1990ern die Abläufe immer schneller, die Planungshorizonte immer kurzfristiger, das Wählerverhalten immer unberechenbarer. Beschleunigung und Veränderung griffen auf alle Bereiche des Lebens über. Internet, Handys, Gameboys waren Vorzeichen der Globalisierung und des technologischen Wandels. Die Entfesselung der Aktienmärkte trieb weltweit Kurse in die Höhe, bis am Ende die Dotcom-blase der New Economy platzte. Vor allem unqualifizierte oder ältere Arbeitnehmer im Niedriglohnbereich begannen sich bedroht
Nzu fühlen: vonzuwanderern aus dem Osten einerseits und von Computern andererseits. Eine sich im Umbruch befindliche Medienwelt erzeugte neue Auftrittsflächen und neue Anforderungen an Spitzenpolitiker.
Mit Taferln und Tabubrüchen begriff und ergriff Haider am schnellsten die Chancen. Österreich wurde europaweit Vorreiter einer neuen politischen Richtung: des Rechtspopulismus. Es sollte das Jahrzehnt des Aufstiegs Jörg Haiders werden. Steigendemobilität der Wähler und der Verlust der Bindungs-