Waagner-biro wurde selbst zur Baustelle
Dieses Unternehmen hat in seiner mittlerweile 164jährigen Geschichte nicht nur Industriegeschichte geschrieben, sondern auch maßgeblich die bauliche Zeitgeschichte Österreichs mitgeprägt. Von der damals modernsten Bühnentechnik der Wiener Staatsoper im Jahr 1906 über den Wiederaufbau der Dachkonstruktionen des Stephansdoms nach dem Zweiten Weltkrieg bis zurrekonstruktion des Burgtheaters – wenn es komplex wird, war das 1854 gegründete Wiener Stahlbauunternehmen Waagner-biro schon in der Vergangenheit stets erste Adresse.
In den vergangenen Tagen verdunkelten sich die Wolken über dem Traditionsunternehmen aber zusehends. In dervorwoche musste die Tochtergesellschaft SBE Alpha AG Insolvenz anmelden. Zu denmaßgeblichen Ursachen zählen millionenschwere Zahlungsverzögerungen bei einem der prestigeträchtigsten Projekte der vergangenen Jahre: die spektakuläre Metallkuppel des Louvre in Abu Dhabi. Zuletzt hatte sich sogar Bundeskanzler Sebastian Kurz in die Causa eingeschaltet und mit dem Kronprinzen von Abu Dhabi, Scheich Mohammed bin Zayed Al Nahyan, über die schleppenden Zahlungen für Waagner-biro gesprochen.
Die Pleite der SBE – 107 Mitarbeiter sind betroffen, die Überschuldung liegt bei 44 Millionen Euro – war letztlich nur die Ouvertüre. Gestern musste in Folge auch die Holding, die WaagnerBiro AG, einen Insolvenzantrag stellen, hier liegt die Überschuldung laut den Kreditschützern von KSV, AKV und Creditreform bei 22 Millionen Euro, di- rekt betroffen sind 45 Beschäftigte sowie 80 Lieferanten. Das Gros der Verbindlichkeiten entfällt mit 15 Millionen Euro auf Bankschulden, so Ksv-experte Hans-georg Kantner.
Klares Ziel ist nun die Fortführung der Mutter-holding. Und dafür geht es jetzt Schlag auf Schlag. In dem Sanierungsverfahren wird den Gläubigern eine 20-Prozent-quote binnen zwei Jahren geboten. Eine Hoffnung hat sich sehr schnell zerschlagen – so geht es für die SBE definitiv nicht weiter, der Masseverwalter beantragte mangels vorhandener Liquidität die Schließung, die Mitarbeiter wurden bereits zuvor zur Kündigung vorgemerkt.
Beim traditionsreichen StahlbauerwaagnerBiro überschlagen sich die Ereignisse. Die Holding ist insolvent, eine Tochter sperrt zu, zwei sollen verkauft werden. Wie es jetzt weitergeht.
Unter demdach derholding finden sich die einzelnen Tochtergesellschaften mit insgesamt fast 1500 Mitarbeitern (170 in Österreich) an 16 Standorten und einem Jahresumsatz von zuletzt knapp 192 Millionen Euro. Bereits so gut wie fix: Der Sanierungsexperte Erhard Grossnigg wird – vorbehaltlich der Zustimmung der Insolvenzverwalterin Romana Weber-wilfert – die Tochtergesellschaft Austria Stage Systems übernehmen. Auch für die Waagner-biro Bridge Systems laufen bereits Verkaufsgespräche mit Interessenten, wobei es hier laut Experteneinschätzungen zuvor zu einem Sanierungsverfahren kommen dürfte.
Zuumwälzungen kames auch im Vorstand. Thomas Jost und Martin Zinner haben alle Funktionen innerhalb der Gruppe mit Ausnahme jener in der SBE zurückgelegt. Zumvorstand der Holding wurden Bernhard Chwatal sowie Alexander Liaunig bestellt.
Die Liaunig Industrieholding