Kleine Zeitung Steiermark

Familienst­ück mit Happy End

- Von Julia Schafferho­fer

Diese Rolle konnte sie nach dem Schlussapp­laus nicht abgeben: Miriam Maertens hat Mukoviszid­ose. Das behielt der berühmte Schauspiel­clan lange für sich. Nun redet sie mit ihrem Bruder, Burgtheate­rstar Michael Maertens, über Geschwiste­rliebe in turbulente­n Zeiten und die Liebe zum Leben.

Der Herbst war 42 Jahre lang ein Grund zur Sorge. „Ab dann hatte ich Angst: Jede kleine Erkältung war lebensbedr­ohlich“, sagt Kammerscha­uspieler Michael Maertens. Nicht um sich hatte er Angst, sondern um seine jüngere Schwester Miriam.

Dass sie heute noch auf der Welt ist, grenzt an ein kleines Wunder. Miriam Maertens kommt mit Mukoviszid­ose zur Welt, einer unheilbare­n Erbkrankhe­it, die im Körper zähen Schleim produziert, der die Atmung beeinträch­tigt. Anfang der 1970er rieten die Ärzte ihren Eltern dazu, sie in ein Pflegeheim zu geben. Die Lebenserwa­rtung ihrer Tochter lag bei sechs Jahren. Maximal.

Die heute 48-Jährige hat die Wahrschein­lichkeit besiegt. „Mein Glückwar, dass ich einen starken Kopf und einen sturen Willen hatte und ein positiver Mensch bin. Selbst, als ich sehr krank war, habe ich mir Ziele gesetzt, die ich haben will.“Jahrzehnte­lang waren nur die Familie, die Ärzte und beste Freunde in dieses Geheimnis eingeweiht. Miriam Maertens ist eine bekannte Schauspiel­erin. Sie spieltamth­aliatheate­r in Hamburg, der Schaubühne Berlin und seit 2005 ist sie am Schauspiel­haus Zürich engagiert. Viele Regisseure und Regisseuri­nnen wussten nicht, dass sie vor, in den Pausen und nach der Aufführung inhalierte.

„Ich habe die Krankheit verdrängt – mit einer Disziplin wie Zähneputze­n“, sagt sie. Ihr Bruder ergänzt: „Wir waren Meister der Verdrängun­g. Miriam hat es einem aber leicht gemacht. Sie war ein so positives, fröhliches, lustiges Kind. Wenn man mit ihr im Kino war, musste sie so lachen, dass das ganze Kino mitgelacht hat. Nicht über den Film, sondern angesteckt von ihrem Lachen.“Das glaubt man sofort, wenn man sich selber einmal anstecken lässt.

Drei Mal am Tag wird ihr Rumpf als junges Mädchen abgeklopft, die Familienmi­tglieder des berühmten Schauspiel­clans wechseln sich ab. Nachts brennt ihre Brust. Sie ist blass, mager und oft krank. Vor einem Jahr hat sie erstmals öffentlich über ihre Krankheit geredet, nun ist auch ein Buch erschienen, in dem sie ihre Geschichte erzählt. „Verschiebe­n wir es auf morgen“heißt es nach der mütterlich­en Verdrängun­gsformel: „Was heute ist, das zählt. Was morgen ist, das schauen wir uns

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4. NOVEMBER 2018

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