Kleine Zeitung Steiermark

„Ich würde mich mit einer Waffe in der Tasche sicherer fühlen“

- Von Christina Traar

Cheyenne Coe ist 14, als ein Schüler in ihrer Highschool das Feuer eröffnet. Ihre beste Freundinko­mmtums Leben. Warumsie sich dennoch einewaffe zulegen wird.

KNOLL

An einem Freitagvor­mittag schickt der 15-jährige Jaylen Fryberg, Schüler an der Marysville Pilchuck High School im Us-bundesstaa­t Washington, eine SMS an seine Schulfreun­de. Sie sollen ihn, den beliebten „homecoming prince“mit den pechschwar­zen, langen Haaren, in der dortigenca­feteria treffen. Wer eine Schulstund­e hat, solle diese schwänzen. Um 10.40 Uhr, als fünf seiner Freunde in der voll besetzten Halle an einem Tisch versammelt sind, holt er die Pistole seines Vaters aus dem Rucksack und erschießt sie. Vier Kinder sterben, Fryberg richtet sich selbst. Wenige Minuten zuvor hatte er sich per SMS bei seiner und den Familien der Opfer entschuldi­gt und Instruktio­nen für seine Beerdigung gegeben.

Vier Jahre später sitzt Cheyenne Coe in einem Diner, 40 Autominute­n von ihrer alten Schule entfernt. Sie hat im Sommer ihren Abschluss gemacht, jetzt geht sie zur Uni, um Krankensch­wester zuwerden. Sie ist 19, aufgeweckt, offen und hat ein strahlende­s Lächeln. Dass Cheyenne hier sitzt, ist keine Selbstvers­tändlichke­it. Denn auch sie hätte von einer Kugel aus der Waffe von Fryberg, den sie seit der Volksschul­e kannte, getroffen werden können.

„Es war ein ungewöhnli­ch warmer Freitag“, erinnert sich Cheyenne, die damals erst eineinhalb Monate in die neue Highschool gegangen war. „Ich war auf demweg in die Cafeteria, als ich vor dem Gebäude von Weitem ein Mädchen sah, mit dem ich sonst eigentlich nie geredet habe“, erzählt sie. „Ich kann es mir bis heute nicht erklären, aber ich bin wie hypnotisie­rt zu ihr hinübergeg­angen.“Die beiden Mädchen haben keine fünf Minuten miteinande­r gesprochen, als sie von einem Geräusch unterbroch­en werden, das sie nicht zuordnen können. „Es klang dumpf. Wir dachten, dass jemand in der Cafeteria einentisch­umgeworfen haben dürfte, und redeten wei- ter. Doch da war es wieder: papp, papp, papp.“Als die Mädchen zum Gebäude hinter sich blicken, strömen schreiende Mitschüler aus den Eingängen. „Sie haben geschrien und: ‚Er hat eine Waffe!‘ gerufen. Mein Körper war wie gefroren, ich konnte mich nicht bewegen. Dann hatte ich ein Blackout.“

Wenn Cheyenne von diesem Tag erzählt, wird ihre überschwän­gliche, helle Stimme dumpf und leise. Das nervöse Lachen verstummt, sie verschränk­t die Arme vor ihrer Brust oder knetet ihre Hände, bis die Knöchel weiß unter der Haut hervorschi­mmern.

vor vier Jahren sollte noch mehr für Cheyenne bereithalt­en. Als sie im Büro der Direktorin zu sich kommt, in das sie in Panik gelaufenwa­r, holen sie bald darauf ihre Eltern ab – und fahren mit ihr ins Krankenhau­s. Dort erfährt sie vom Tod von Zoe Galasso – ihrer besten Freundin undnachbar­in, seit sie drei Jahre alt war. „Der schlimmste Tag

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 ??  ?? Cheyenne Coe über ihre Freundin Zoe: „Jeder mochte sie“
Cheyenne Coe über ihre Freundin Zoe: „Jeder mochte sie“

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