„Ich würde mich mit einer Waffe in der Tasche sicherer fühlen“
Cheyenne Coe ist 14, als ein Schüler in ihrer Highschool das Feuer eröffnet. Ihre beste Freundinkommtums Leben. Warumsie sich dennoch einewaffe zulegen wird.
KNOLL
An einem Freitagvormittag schickt der 15-jährige Jaylen Fryberg, Schüler an der Marysville Pilchuck High School im Us-bundesstaat Washington, eine SMS an seine Schulfreunde. Sie sollen ihn, den beliebten „homecoming prince“mit den pechschwarzen, langen Haaren, in der dortigencafeteria treffen. Wer eine Schulstunde hat, solle diese schwänzen. Um 10.40 Uhr, als fünf seiner Freunde in der voll besetzten Halle an einem Tisch versammelt sind, holt er die Pistole seines Vaters aus dem Rucksack und erschießt sie. Vier Kinder sterben, Fryberg richtet sich selbst. Wenige Minuten zuvor hatte er sich per SMS bei seiner und den Familien der Opfer entschuldigt und Instruktionen für seine Beerdigung gegeben.
Vier Jahre später sitzt Cheyenne Coe in einem Diner, 40 Autominuten von ihrer alten Schule entfernt. Sie hat im Sommer ihren Abschluss gemacht, jetzt geht sie zur Uni, um Krankenschwester zuwerden. Sie ist 19, aufgeweckt, offen und hat ein strahlendes Lächeln. Dass Cheyenne hier sitzt, ist keine Selbstverständlichkeit. Denn auch sie hätte von einer Kugel aus der Waffe von Fryberg, den sie seit der Volksschule kannte, getroffen werden können.
„Es war ein ungewöhnlich warmer Freitag“, erinnert sich Cheyenne, die damals erst eineinhalb Monate in die neue Highschool gegangen war. „Ich war auf demweg in die Cafeteria, als ich vor dem Gebäude von Weitem ein Mädchen sah, mit dem ich sonst eigentlich nie geredet habe“, erzählt sie. „Ich kann es mir bis heute nicht erklären, aber ich bin wie hypnotisiert zu ihr hinübergegangen.“Die beiden Mädchen haben keine fünf Minuten miteinander gesprochen, als sie von einem Geräusch unterbrochen werden, das sie nicht zuordnen können. „Es klang dumpf. Wir dachten, dass jemand in der Cafeteria einentischumgeworfen haben dürfte, und redeten wei- ter. Doch da war es wieder: papp, papp, papp.“Als die Mädchen zum Gebäude hinter sich blicken, strömen schreiende Mitschüler aus den Eingängen. „Sie haben geschrien und: ‚Er hat eine Waffe!‘ gerufen. Mein Körper war wie gefroren, ich konnte mich nicht bewegen. Dann hatte ich ein Blackout.“
Wenn Cheyenne von diesem Tag erzählt, wird ihre überschwängliche, helle Stimme dumpf und leise. Das nervöse Lachen verstummt, sie verschränkt die Arme vor ihrer Brust oder knetet ihre Hände, bis die Knöchel weiß unter der Haut hervorschimmern.
vor vier Jahren sollte noch mehr für Cheyenne bereithalten. Als sie im Büro der Direktorin zu sich kommt, in das sie in Panik gelaufenwar, holen sie bald darauf ihre Eltern ab – und fahren mit ihr ins Krankenhaus. Dort erfährt sie vom Tod von Zoe Galasso – ihrer besten Freundin undnachbarin, seit sie drei Jahre alt war. „Der schlimmste Tag