Der Kampf ums Kuhhorn
Bergbauer Capaul kämpft dafür, dass Kühe Hörner undwürde behalten. Am25. November stimmt die Schweiz über seine Kampagne ab.
Kuh Nena hebt den Kopf. Die beiden Hörner ragen spitz in die Höhe. Nena gibt wohlige Laute von sich, die Wälder und schroffen Felsen des Berner Jura glänzen im Herbstlicht. Neben der 18-jährigen Kuh, Rasse Original Braunvieh, steht Armin Capaul. Der 67-Jährige legt väterlich seine rechte Hand auf Nenas Rücken. „Kommen Sie nur, fassen Sie ein Horn an“, ruft der knorrige Bergbauer mit dem wilden Haarwuchs. „Nena tut nichts.“
Nenas Horn ist warm. In ihm pulsiert Blut. Das Leben. „In der ganzen Schweiz hat nur noch eine von zehn Kühen ihre Hörner“, sagt Capaul mit knarziger Stimme und stapft über die ansteigende Wiese zurück zu seinem Hof in Perrefitte, mit 17 Hektar Land und Wäldern. „Die Bilder in der Werbung, auf denen wir grüne Weiden mit behornten Tieren sehen, gaukeln uns etwas vor“, murmeltcapaul, während er sein „Käppli“nach hinten rückt. Rund 200.000 Käl- ber, so die Schätzungen, verlieren in der Eidgenossenschaft pro Jahr ihre zarten Hörner. Sie werden weggebrannt, weggeschnitten. Capaul ist sich sicher: „Trotz vorgeschriebener Betäubung ist die Enthornung sehr schmerzhaft, viele Tiere leiden lange darunter.“Der Eingriff erfolgt mit Brennstäben, mehrere Hundert Grad heiß.
Jetzt erzählt Capaul von seiner Mission, die am 25. November in einem Triumph enden soll. An diesem Tag entscheiden die Eidgenossen über Capauls „Hornkuh-initiative“. Der Tierfreund hofft bei der Volksabstimmung auf einen klaren Sieg, „aber alle müssen wählen gehen, auch die vielen Schweizer imausland“. Capaul will die Kühe vor der „Enthornung“bewahren, er will ihnen „Würde“zurückgeben: „Die Schöpfung hat den Tieren ihre Hörner gegeben. Sie tragen sie mit Stolz und Achtsamkeit“, mahnt er.
beschert dem kauzigen Landwirt enorme Popularität. Im- mer wieder machen sich Fans und Tierfreunde zu Capauls entlegenem Hof auf, der nur über steinige Pfade durch Gebirgswald zu erreichen ist. Der „Schweizer Bauer“berichtet über den „Bergrebellen“, wie auch die „Neue Zürcher“, die in ihm einen „Nationalhelden“sieht.
Capaul und seine Mitstreiter setzen auf ein finanzielles Anreizsystemzumwohl der Tiere. Vater Staat soll Bauern, die behornte, erwachsene Kühe halten, für ihrenmehraufwand ent- schädigen. Das Gleiche gilt für Stiere, Ziegen und Ziegenböcke. Die scharfen Hörner dervierbeiner können gefährlich werden, für Artgenossen und den Menschen. Deshalb brauchen Tiere mit Horn größere, speziell ausgerüstete Stallungen – diese sind teurer als Behausungen für hornlose Tiere. Letztlich käme der Steuerzahler dafür auf.
„Wir wollen kein Verbot der Enthornung. Wir sind gegen Zwang“, stellt Capaul klar. „Das Horn der Kuh wächst ein Leben Bergbauer, Tierschützer und „Alpenrebell“