Kleine Zeitung Steiermark

Internatio­nal

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Seit Jahrzehnte­n hält die Mehrheit arabischer Menschen an ihrem Hass auf Israel fest. Im digitalen Zeitalter will der Judenstaat das nun mit neuen Mitteln ändern – und hat dabei überrasche­nd viel Erfolg.

Es liest sich wie Nachrichte­n aus einer utopischen Parallelwe­lt. Patienten aus der arabischen Welt erhalten kostenlos medizinisc­he Beratung von israelisch­en Ärzten. Tausende Araber fordern die Eröffnung israelisch­er Botschafte­n in Saudi-arabien oder Marokko. Jussef Summer aus Agadir preist Israel als „Land der Gerechtigk­eit“, Salah Mahdi aus dem Irak bezeichnet es als „wunderbare­n Staat“. Doch es ist keine Traumwelt, sondern Realität. Hunderttau­sende Bürger arabischer Staaten besuchen täglich die Webseiten des israelisch­enaußenmin­isteriums und machen sie somit zum erfolgreic­hsten offizielle­n Internetau­ftritt des Judenstaat­s. Der will mit seiner „digitalen Diplomatie“den antiisrael­ischen Konsens in der arabischen­welt aufbrechen – und hat dabei beachtlich­e Erfolge.

Ausgangssi­tuation denkbar schlecht. Nur zwei von 22 arabischen Staaten haben einen Friedensve­rtrag mit Israel. Viele befinden sich noch im Kriegszust­and mit dem Judenstaat oder erkennen sein Existenzre­cht nicht an.

Das schlägt sich in der öffentlich­en Meinung nieder. In der angeblich „größten Meinungsum­frage in der arabischen Welt aller Zeiten“quantifizi­erte das „Arabische Zentrum für Forschung und Politikstu­dien“in Katar im Juli den Israel-hass. Demnach betrachten 91 Prozent der 18.830 Befragten aus 11 arabischen Staaten den Judenstaat als „Bedrohung“. 87 Prozent sind gegen die Aufnahme diplomatis­cher Beziehunge­n.

Und dennoch: Keine der rund 800 Webseiten und Twitter-accounts, die das israelisch­e Außenminis­terium in 50 Sprachen betreibt, erfreut sich einer so großen Popularitä­t wie jene auf Arabisch. Allein die arabische Facebookse­ite des Außenminis­teriums hat 1,6 Millionen Follower. Ihre Posts wurden dieses Jahr bereits 275 Millionen Mal angeklickt. Hinzu kommen arabische Kanäle auf Twitter oder Instagram mit Hunderttau­senden Followern. Damit hat Israel eines der „am besten vernetzten Außenminis­terien der Welt“. Warum ist diese Anhänger- schaft ausgerechn­et in der arabischen­welt so groß?

„Menschen in der arabischen Welt sind von Israel besessen“, sagt Jonathan Gonen. Der 32 Jahre alte Ex-journalist leitet seit drei Jahren die arabischen Kanäle der Abteilung für digitale Diplomatie im Außenminis­terium. Bei vielen spiele Faszinatio­n mit Israel als Sinnbild des „Bösen“eine Rolle. „Sie wollen wissen, wie ihr Feind tickt“, schätzt Gonen. Doch die meisten Surfer seien 25–34 Jahre alte Männer, die von anderen Fragen getrieben würden: „Sie wollen verstehen, wie es Israel gelungen ist, eine demokratis­che, wohlhabend­e, militärisc­h starke und wissenscha­ftlich führende Nation zu werden.“Viele von ihnen stünden der Propaganda kritisch gegenüber. „Etwa

beruht bei Gonen auf Gegenseiti­gkeit: Er habe Araberzwar „nie als Feinde betrachtet“. Doch als Jugendlich­er kannte er sie nur aus den Nachrichte­n, wo sie meist als Terroriste­n auftauchte­n. Dieses Weltbild änderte sich, als er seinenwehr­dienst beim Militärgeh­eimdienst antrat. Dort lernte er perfekt Arabisch und fungierte als Übersetzer: „Dabei lernte ich diemensche­n hinter der Sprachbarr­iere kennen: Ihre Gesellscha­ft, Kultur, und das fasziniert­e mich“, sagt Gonen. Sein Posten im Außenminis­terium böte ihm nun die Gelegenhei­t, „direkt mit dieserkult­ur aufaugenhö­he Kontakt aufzunehme­n“.

Dabei will er vor allem Stereotype ändern. „Die größten Erfolge haben wir mit Videos, in denen wir Leute von der Straße zu

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Von unserem Korrespond­enten

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