Zur Aufführung
Johanni van Oostrum singt diese, ihre erste Salome vielschichtig, mit warmem, vollem Sopran, der das mädchenhaft Lyrische der Rolle nicht außer Acht lässt. Etwas, was sie den vielen metallisch-stählern singenden Interpretinnen weit voraushat.
Problematisch inszeniert sind ihre Gegenspieler. Manuel von Senden als Herodes gibt einen blasierten, eingebildeten Bandenchef. Dass Strauss diese Figur musikalisch als von seinen Trieben gelenkten Halbirren charakterisiert, geht fast verloren. Das ist umso bedauerlicher, weil Manuel von Senden einen fantastischen Herodes singt: wortdeutlich, rhetorisch prägnant, präzise.
Auch die Darstellung des Jochanaan ist fragwürdig. Der Prediger, den Strauss auf wuchtige harmonische Fundamente stellt, der (fast) unbeirrbar seine Glaubenssätze doziert und machtvolle, dogmatische Würde ausstrahlt, wird hier zum verzweifelten, am Abgrund stehenden Gefangenen, dessen Vi- Salome von Richard Strauss Dirigentin: Oksana Lyniv Regie: Florentine Klepper
Mit Johanni van Oostrum, Manuel von Senden, Thomas Gazheli, Irisvermillion, Pavelpetrov, Mareike Janowski u. a.
Am15., 25. November, 1., 9., 12., 14., 19. Dezember , 30. Jänner, 2., 8. Februar www.oper-graz.com
sionen ihm ein Strohhalm inmitten der Verderbtheit sind. Das von Strauss raffiniert konzipierte Spiel aus gegenseitiger Abstoßung und Faszination zwischen Salome und Jochanaan bleibt unterbelichtet. Obendrein setzt Thomas Gazheli sein prächtiges BaritonMaterial undifferenziert ein, nicht nur die Jesus-erzählung gerät ihm arg grob und unlyrisch. Das klingt bei den Nazarenern (Neven Crnic´, Dariusz Perczak) schon anmutiger, obwohl Dirigentin Oksana Lyniv diesen schwelgerischen Passagen einiges an Reiz nahm. Eine singdarstellerische Klasse für sich ist Irisvermillion alsherodias, während Pavel Petrovs (gut gesungener) Narraboth verloren und steif in der Szene herumsteht. Ist er gelähmt vor Schreck oder ist das einfach schlechte Personenführung?
Oksana Lyniv und die Grazer Philharmoniker brauchen etwas Anlaufzeit. Lyniv dreht die Lautstärke im Fortlauf des Abends bisweilen sehr auf, die Abstimmung zwischen Graben und Bühne funktioniert nicht immer reibungslos und die Stelle samt der berühmten Dissonanz knapp vor dem Tod Salomes klingt verwischt. Aber es wird über weite Strecken groß aufgespielt: in den reinen Orchesterpassagen etwa. Lyniv unterstreicht die Kühnheiten der Musik, ihr gelingt viel Intensives und sie zeichnet Salomes Tanz mit sicherem Strich. Gezeigt wird der Tanz nicht. Klepper installiert hier einen Fiebertraum aus Videoprojektionen, eine Bilderflut aus Rückblenden und Fantasien. So viel inszenatorischen Mut hätte man sich noch öfter erhofft.