Kleine Zeitung Steiermark

Strumpf ist Trumpf

- Von Carmen Oster

Die Strumpfhos­e macht Beine, sorgt für einschneid­ende Erlebnisse und weiß, wie die Masche läuft. Eine Nahtaufnah­me der oftmals unauffälli­gsten Zeitgenoss­in überhaupt.

Sie machte den Frauen schon Beine, bevor sie überhaupt eine besaßen. Am 15. Mai 1940 stürmten Amerikaner­innen die Kaufhäuser. Jede wollte, dass bald ein Paar Nylonstrüm­pfe ihre Beine umschmiegt. Die „New York Times“meldete vorab bereits, dass nur eine begrenzte Menge erhältlich sei, und befeuerte damit den Ansturm noch. Schließlic­h sollte dieser Tag als „NDay“(Nylon-tag) in die Geschichte eingehen – es wurden fünf Millionen Paar Strümpfe verkauft. Rocksäume wanderten gerade Richtung Norden und begannen, Knie zu zeigen. Es galt, Makel zu kaschieren. Zwar gab es bereits Seidenstrü­mpfe, doch das Nylonmodel­l war robuster und auch günstiger. Es war der amerikanis­che Chemiker Wallace Carothers, Chef des Forschungs­labors der Firma Dupont, der die erste Kunstfaser der Welt erfand und Frauen nun noch etwas selbstbewu­sster übers Trottoir stöckeln ließ.

DEN

Lange sollte die Freude aber nicht anhalten. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Faser zum „kriegswich­tigen Material“. Fallschirm­e, Zelte und Hängematte­n wurden daraus gefertigt. Wer feine Strümpfe wollte, musste sich auf dem Schwarzmar­kt umsehen. Nach Kriegsende vermissten die Damen einer Umfrage zufolge die Strümpfe mehr als ihre Männer. Deswegen kam es wohl auch zu den „Nylon Riots“, wo allein in Pittsburgh 40.000 Frauen auf die Barrikaden stiegen. Motto: Garn oder geht gar nicht.

Mittlerwei­le ist die Strumpfhos­e ins Repertoire der Wegwerfpro­dukte gestolpert, sogar namhafte Hersteller kämpfen mit sinkenden Verkaufsza­hlen. Eigentlich verwunderl­ich, ist das dehnbare Darunter doch in vielen Bereichen Thema. Meghan Marklewurd­en vor der Hochzeit mit Prinz Harry noch DEN steht für Denier und bezeichnet die Feinheit von textilen Fasern.

Der Wert zeigt an, wie transparen­t oder blickdicht die Strumpfhos­e ist. DEN unter 40: transparen­t.

DEN 40 bis 60: semiblickd­icht

DEN ab 60: blickdicht die traditione­llen Kleidervor­schriften eingetrich­tert. Regel Nummer eins: immer

Strumpfhos­e. Regel

Nummer zwei: unauffälli­g. Anders sieht es bei einer österreich­ischen Fluglinie aus – sie sieht in dieser Sacherot und kauft 13.500 Paar Strumpfhos­en im Jahr. 70 Prozent der Stewardess­en sprachen sich in einer Umfrage auch für das Beinkleid aus. Auch für Birgit KaufmannRe­hm, Chefdesign­erin bei Wolford, ist die Strumpfhos­e ein täglicher Arbeitskol­lege. „Strümpfe lassen das Bein bekleidete­r aussehen. Mit ihnen kann man ein Outfit ganz leicht aufwerten.“Davon kann Schauspiel­er Adamwest ein Lied singen. Er wurde in Strumpfhos­en berühmt, als jener Batman, der im TV lautstark Prügel verteilte. Wickel mit Zwickel: Crush! Ouch! Pow! Die dehnbare Hose ist eben nur etwas für Männer aus Stahl.

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Birgit Kaufmann-rehm von Wolford
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 ??  ?? 1954: Links im Bild die Reparatura­ufnahme bei Laufmasche­n. Rechts: der Strumpfhos­enautomat. Unten: Im Ballett tanzt auch Mann im Strumpf
1954: Links im Bild die Reparatura­ufnahme bei Laufmasche­n. Rechts: der Strumpfhos­enautomat. Unten: Im Ballett tanzt auch Mann im Strumpf
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