Ehrlichkeit und Strafe
Mancher Asylbewerber kann denken, was der Kanzler sagt: „Wir waren ehrlich und bezahlen dafür eine hohe Strafe.“
hat also auch der Kanzler jene Abschiebung um fünf Uhr früh in einem Dorf in Vorarlberg kommentiert, bei der eine schwangere Frau kollabierte, ins Spital gebracht wurde und von ihrem dreijährigen Kind getrennt wurde. „Unfassbar“nannte er gestern in Bregenz die Trennung von Mutter und Kind. Verantwortlich sei allerdings nicht das Innenministerium, sondern die Behörde vor Ort, die darauf achtenmüsste, dass Kinder nicht von ihren Müttern getrennt werden. Also sollte auch keiner das Innenmi- Carina Kerschbaumer nisterium inwien dafür verantwortlich machen. Worauf nun der Landesrat der Grünen dem Kanzler „absolut schäbiges“Verhalten vorwirft, weil er sich „als Politiker hinter Beamten versteckt“.
Was sich bei diesen politischen Versteckspielen die be- troffene Familie denkt, die seit fünf Jahren in Österreich lebt, bestens integriert sein dürfte, aber nicht die Voraussetzung für eine Asylberechtigung erfüllt? Sie könnte sich sagen, was der Kanzler gestern über das Wahlkampfkostengesetz sagte. Die ÖVP, meinte er, habe den ehrlichen Weg gewählt und bezahle deshalb eine hohe Strafe. Denn man könne die Vorgaben bei den Wahlkampfkosten durch dubiose Vereine umgehen. Fazit von Kurz: Das Gesetz habe „Schwachstellen“.
Ob sich der Kanzler auch ein- mal die Schwachstellen bei Abschiebungen genauer anschauen wird, wenn Tausende nicht abgeschoben werden können, weil sie einfach nie Identitätspapiere vorgelegt haben? In Deutschland soll dies bereits auf 88 Prozent der Afghanen und 97 Prozent der Nigerianer zutreffen. Womit Abschiebungen fast unmöglich werden.
der Kanzler ein abgewiesener, bestens integrierter Asylbewerber mit Ausweis, würde er wohl sagen: „Wer den ehrlichen Weg wählt, bezahlt eine hohe Strafe.“