„Derfachkräftemangel wird uns alle treffen“
Sieben Thesen zum dringendsten Problem der Betriebe. Von Wirtschaftskammer-präsident und Unternehmer Josef Herk.
Liebe Eltern, liebe Jugendliche, geschätzte Entscheidungsträger aus Verwaltung, Politik undmedien, werte Unternehmerinnen!
Wir haben ein Problem: Uns gehen die Fachkräfte aus! Das sind jene Menschen, die unsere Autos oder auch den Wasserrohrbruch reparieren. Auch jene, die in der Industrie arbeiten, Exporte ermöglichen und dadurch unseren Wohlstand sichern. Und jene, die uns im Urlaubshotel oder Restaurant verwöhnen, um nur einige Beispiele zu nennen, die unseren Alltag maßgeblich beeinflussen.
Der Fachkräftemangel wird uns also alle treffen. Gibt es die eine, einfache Lösung für ein komplexes Problem? Nein! Können wir trotzdem etwas tun? Ja.
Aber nur gemeinsam. Deshalb hier eine kurze Übersicht, wie es zum Fachkräftemangel kommt – und sieben Thesen dazu, wer heute etwas beitragen sollte, um uns morgen die Folgen zu ersparen.
1.
Fachkräftemangel – ja, es gibt ihn! Auchwenn er noch nicht vonallen ernst genommen wird, macht er sich in einigen Branchen und Regionen dramatisch bemerkbar: In den kommenden Jahren werden doppelt so viele Menschen in Pension gehen, wie ins Erwerbsleben nachrücken. Die Folgen:
• 75 Prozent aller heimischen Unternehmen leiden bereits jetzt unter dem Fachkräftemangel. In Österreich fehlen derzeit 162.000 Fachkräfte, in der Steiermark mehr als 25.000.
• In Gewerbe, Handwerk, Handel, Tourismus, IT und Beratung bleiben mehr als 50 Pro- KK
zent der offenen Stellen mehr als sechsmonate unbesetzt.
• Sechs von zehn Unternehmen haben Umsatzeinbußen erlitten, weil sie Aufträge nicht annehmen konnten.
• Besonders nachgefragt werden Lehrabschlüsse.
2.
Die schwierige Rolle der Eltern. Alle Eltern wünschen sich das Beste für ihre Kinder – und doch verliert der Arbeitsmarkt Jahr für Jahr viele Jugendliche durch falsche Ausbildungsentscheidungen. Nach wie vor werden diese Entscheidungen meist von den Eltern getroffen – doch oftmals passen die Absichten undmotive der Eltern nicht zu den Talenten ihrer Kinder. Ebenso oft verfügen Eltern nicht über ausreichende Informationen über aktuelle Entwicklungen in der Berufswelt. Vor allem hohe Schulabbruchraten sind ein Beleg für diese Entwicklung. Konkret bricht jeder Vierte in der AHS und jeder Dritte in der BHS die Schule ab und wechselt zumindest die Ausbildung. Und die Lehre wird nach wie vor weit unter ihremwert geschlagen: „Wenn du nicht brav lernst, musst du eben eine Lehre machen!“Diese Haltung gehört ins Museum. Spätestens jetzt, da die Lehre endlich als Qualifikation mit der Matura gleichgestellt wird!
3.
In welchem Jahr lebt unser Bildungsangebot?„ Wissen ist Macht“ist ein Zitat, das zur Zeit unserer Großeltern schon in aller Munde war. Und folgerichtig wird an unseren Bildungsanstalten nach wie vor Wissen vermittelt. Frontal, nachnoten, Methode „multiple choice“. Dabei wissen wir spätestens seit Alexander von Humboldt (er starb 1859), dass der eigentliche Zweck der Bildung die Persönlichkeitsentwicklung ist. Lernen ist heute mehr denn je dann sinnvoll, wenn es Fähigkeiten und Kenntnisse ausbildet, um immer wieder neu lernen zu können. Die Voraussetzung dafür aber ist, dass man sich nicht über Kurse, Zeugnisse oder Titel definiert – sondern vielmehr weiß, wer man ist. Bei aller Liebe zur freien Studienwahl: Hier müssen Zugangsbeschränkungen lenkend eingreifen, denn es gibt viele dieser Jobs nicht, für die wir ausbilden. Eine unverantwortliche Verschwendung von staatlichem Geld und persönlicher Lebenszeit.
4.
Mehr Transparenz bei Förderungen! Unser Sozialsystem ist dazu gedacht, um Menschen, die in Schwierigkeiten geraten, wieder auf die Beine zu helfen. Die einen kritisie-