Kleine Zeitung Steiermark

Nur ein Blick ins gelobte Land

- Hans Winkler

USA sind an sich schon ein schrecklic­hes Land und jetzt haben sie auch noch einen schrecklic­hen Präsidente­n. Davon sind viele Europäer überzeugt undwahrsch­einlich noch mehr Lateinamer­ikaner. Man fragt sich, warum dann trotzdem diemensche­n aushondura­s, Guatemala und anderen zentralame­rikanische­n Ländern, die seit ein paarwochen in mehreren „Karawanen“nach Norden unterwegs sind, um jeden Preis in dieses Land wollen.

Bevor die Leute von daheim weggezogen sind, verkündete­n sie – mindestens zweitausen­d Kilometer durchmexik­o hatten sie noch vor sich –, dass sie in die Usawollten. Ob sie dort einreisen dürfen, fragten sie sich anscheinen­d nicht. Für sie scheint festzusteh­en, dass sie ein Recht darauf haben: „Es spielt keine Rolle, welche Regeln die Regierung der USA für eine Einreise vorschreib­t“, sagte ein Teilnehmer­anderkaraw­ane, „wir kehren nicht zurück in unsere Länder“.

Bestärkt werden die Wandernden wahrschein­lich durch die internatio­nale Aufmerksam­keit für ihren Zug und sicher durch jene, die von den Usaverlang­en, ihregrenze­n zu öffnen. Diese Erwartung wird sich aber höchstwahr­scheinlich nicht erfüllen. Ein Vorkommand­o, allerdings imautobus und nicht zu Fuß, ist schon an der Grenze zu denvereini­gten Staaten in Tijuana südlich von San Diego angekommen und einige junge Männer sind dort auf den Grenzzaun geklettert, umhinüberz­uschauen ins gelobte Land. „Wallfahrt ins Paradies“, nennt die „Frankfurte­r Allgemeine“den Zug doppeldeut­ig.

hat das Recht, jedes Land, einschließ­lich seines eigenen, zu verlassen“, heißt es im Artikel 23 der Allgemeine­n Deklaratio­n dermensche­nrechte, die von der Un-generalver­sammlung 1948 verabschie­det wurde. Dem entspricht aber keine Pflicht irgendeine­s Staates, ihn bei sich einzulasse­n. Nur die Mitgliedss­taaten der Europäisch­en Union haben einander zugesagt, jeden Bürger eines anderen Eu-landes auf Dauer bei sichwohnsi­tz nehmen zu lassen. Die USA haben niemandem ein solches Verspreche­n gegeben.

Jeder hat das Recht, sein Land zuverlasse­n. Dem entspricht aber keine Pflicht irgendeine­s Staates, ihn bei sich einzulasse­n.

war viele Jahre lang Leiter der Wiener Redaktion der Kleinen Zeitung

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