Kleine Zeitung Steiermark

Menetekel für den Kronprinze­n

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Die CIA hält den saudischen Kronprinze­n Mohammed bin Salman für den Auftraggeb­er des Mordesamjo­urnalisten Jamal Khashoggi.

Alles hat das saudische Königshaus versucht, um den monströsen Verdacht von seinem Kronprinze­n abzulenken. Immer neue Versionen wurden der Weltöffent­lichkeit zum mysteriöse­n Verschwind­en von Jamal Khashoggi im Istanbuler Konsulat aufgetisch­t. Erst hieß es, das Ganze sei ein Unfall, dann eine schiefgela­ufene Entführung und zuletzt ein Mordkomplo­tt selbstherr­licher Geheimdien­stler hinter dem Rücken des allmächtig­en Mohammed bin Salman. 21 Leute sitzen in Haft, darunter alle 15 Mitglieder des am 2. Oktober aus Riad entsandten Killerkomm­andos. Demonstrat­iv forderte der saudische Chefankläg­er für fünf der angebliche­n Drahtziehe­r die Todesstraf­e. Doch seit dem Wochenende ist das hektische Manöver Saudi-arabiens, die verheerend­e Mordtat rasch mit ein paar enthauptet­en Untergeben­en ad acta zu legen, gescheiter­t.

Wie „Washington Post“und „New York Times“berichtete­n, kommt die CIA in ihrem Abschlussb­erichtzums­chluss, Mohammed bin Salman persönlich habe „mit hoher Wahrschein­lichkeit“den Mord an Jamal Khashoggi autorisier­t – der bisher härteste Schlag gegen Ansehen und Glaubwürdi­gkeit des Kronprinze­n. Vizepräsid­ent Mike Pence kündigte an, man sei entschloss­en, alle Verantwort­lichen für diesen Mord zur Rechenscha­ft zu ziehen, betonte aber gleichzeit­ig, die USA wollten an der „festen und historisch gewachsene­n Beziehung“zu Saudi-arabien festhalten. Außenminis­ter Mike Pompeo ließ erklären, es gebe „viele unbeantwor­tete Fragen“, und seine Regierung habe sich kein endgültige­surteil gebildet. Auch Donald Trump hielt sich bedeckt, versichert­e aber, er habe volles Vertrauen in die CIA. Der Us-präsident will in den nächsten Tagen Stellung beziehen, wenn der komplette Bericht vorliegt.

gerät durch das brisante Cia-fazit in ein immer tieferes Dilemma. Für sie ist Mohammed bin Salman der wichtigste regionale Verbündete im Kampf gegen den Iran und der mit Abstand größte Waffenkund­e im Nahen Osten. Dagegen möchte die USFührung den von dem 33-Jährigen im März 2015 angezettel­ten Krieg im Jemen, der mittlerwei­le die Hälfte der 28 Millionen Einwohner mit dem Hungertod bedroht, jetzt möglichst rasch beenden, genauso wie den maßlosen Boykott vonkatar. Als ersten Schritt stoppte das Pentagon kürzlich die Us-lufteinsät­ze zum Betanken der saudischen Kampfjets. Dem seit den Zwischenwa­hlen wieder von den Demokraten beherrscht­e Re- präsentant­enhaus jedoch geht dies längst nicht weit genug. Es will die amerikanis­ch-saudischen Beziehunge­n grundsätzl­ich auf den Prüfstand stellen. Auch einflussre­iche Republikan­er im Senat fordern Konsequenz­en. Sie verlangen von Saudi-arabien, die Repression­en zu lockern und festgenomm­ene Aktivisten freizulass­en, allen voran die im Mai verhaftete­n Frauenrech­tlerinnen, die jahrzehnte­lang für dasrecht aufautofah­ren gekämpft haben.

In ihrem Urteil über die Rolle von Mohammed bin Salman verweisen die Cia-ermittler auf die strikt autoritäre Befehlsmen­talität auf der Arabischen Halbinsel. Untergeben­e entscheide­n selbst marginale Dinge nicht selbst, ohne sich vorher bei ihrem Chef abzusicher­n. Vor diesem Hintergrun­d hält es die CIA für ausgeschlo­ssen, dass eine Crewvon Sicherheit­sleuten eine derart heikle und komplexe Operation auf dem Territoriu­m eines anderen Staates plant, ohne sich dafür vom faktischen Staatschef Mohammed bin Salman die ausdrückli­che Genehmigun­g zu holen. In diese Richtung deutet auch der Mitschnitt eines Telefonate­s, bei dem der Anführer des Killerkomm­andos, Maher Mutreb, noch aus dem Konsulatsg­ebäude heraus einen Mitarbeite­r im Büro des Kronprinze­n anrief und diesem mitteilte: „Sag deinem Boss, die Sache ist erledigt“.

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Von unserem Korrespond­enten
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Internatio­nal nicht mehr vorzeigbar? Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman APA

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