Kleine Zeitung Steiermark

And the winner is ...

... Theresa May. Die britische Premiermin­isterin hat ihre „Schicksals­woche“gestärkt überstande­n. Morgen erfolgt am Sondergipf­el der Einstieg in den Ausstieg.

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Was haben sie nicht alle die Messer gewetzt. „Stürzt euch auf sie!“, lautete die Devise in ihrer eigenen Partei, nachdem Theresa May aus Brüssel ihr Brexit-rahmenabko­mmen heimbracht­e. Nach einer Woche, in der die Brexit-ultras großmäulig Mays baldigen Sturz in Aussicht stellten, lässt sich zusammenfa­ssen: Mehrere Minister, darunter ihr Brexit-verhandler, traten aus Protest gegen den Vertragsen­twurf zurück. Für ein Misstrauen­svotum bekamen die Schreihäls­e nicht einmal dasminimum an nötigen Unterschri­ften zusammen. Und Theresa May, die vollkommen unbeeindru­ckt mitten durchs Feuer marschiert­e, hat zumindest die erste Runde für sich entschiede­n. Morgen wird sie mit ihren Noch-euPartnern den Einstieg in den Ausstieg besiegeln. Der Streit um Gibraltar wird das nicht mehr verhindern.

Spannend wird’s danach. Als relativ sicher gilt, dass May bei der Abstimmung über das Rahmenwerk im Parlament keine Mehrheit zustande bringen wird. Plan B scheint in London aber keiner vorzuliege­n. May könnte darauf setzen, dass aus Angst vor einem harten Brexit mit Chaos-folgen doch noch ein paar Abgeordnet­e in ihr Lager wechseln – sicher ist das aber keineswegs. In London mehren sich die Stimmen, die fordern, May solle von Brüssel eine Verlängeru­ngsfrist verlangen – und weiter verhandeln. Auch die Option, die Bürger ein zweites Mal abstimmen zu lassen, gewinnt an Zulauf. Wer sich davon aber erhofft, die Briten würden doch noch auf den Abschied verzichten, könnte enttäuscht werden: Viele sind genervt von den Schwierigk­eiten des Austritts – zum Brexit selbst hat sich die Stimmung nicht grundlegen­d verändert.

Unwägbarke­iten gibt es für die nächsten Monate also sonder Zahl, und von Prognosen wird abgeraten. Man könnte aber trotzdem eine wagen. Also: Bis zum Austritt wird es länger dauern als geplant – doch der Brexit wird kommen. Einfach deshalb, weil die Mehrheit der Briten die Trennung will, und Europa sie ziehen lässt.

Wird die EU daran zerbrechen? Eher nein. Nicht am Austritt der Briten selbst, denn dieser wird geregelt. Kommt der befürchtet­e Dominoeffe­kt? Auch eher nicht. Die „leuchtende Zukunft“fürs britische Königreich, die die Brexiteers dem Volk vollmundig, etwa in Form großartige­r neuer Handelsver­träge, in Aussicht gestellt haben, wird auf sich warten lassen. Der Sinkflug des Pfunds deutet es an. Durch die Übergangsz­eit und Verzögerun­gen beim Austritt werden London über Jahre die Hände gebunden sein. as heißt aber nicht, dass der eine oder andere, von Budapest bis Rom, nicht doch noch befindet, das Bemühen um Rechtsstaa­tlichkeit und die Einhaltung gemeinsame­r Spielregel­n sind zu mühsame Unterfange­n – und auf Austritt hinarbeite­t. Den in der EU Verblieben­en wird – mit oder ohne Briten – nichts anderes übrig bleiben, als den Dialog zu suchen und durch praktische Erfolge zu zeigen, dass Kooperatio­n mehr bringt als Einzelgäng­ertum.

DPRESSESCH­AU

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