Kleine Zeitung Steiermark

Himmlische Hoffnung

Pamela Rendi-wagner hat mit dem Parteitag eine erste, wichtige Klippe gemeistert. Die größte wartet draußen: eine mehrheitsf­ähige Haltung in der Zuwanderun­gsfrage.

-

Die SPÖ hat beim Parteitag ein schönes Liebeslied von Coldplay als Einzugsmel­odie für die neue Hoffnungst­rägerin gewählt. Es heißt „A Sky Full of Stars“. Eine Angebetete wird darin als Himmel voller Sterne besungen, als himmlische­r Anblick. Zwei Verszeilen gehen übersetzt so: „Weil du umso heller leuchtest, je dunkler es wird, werde ich dir mein Herz schenken.“

Ob Pamela Rendi-wagner das Licht sein wird, das der verunsiche­rten Partei denweg aus dem Dunkel weist, werden die nächsten Jahre zeigen. Die Auflehnung gegen die Mechanik des Verschleiß­es wird mühevoll. Dennoch ist der ersten Frau an der Spitze der SPÖ ein erster wichtiger Schritt gelungen: der emotionale Brückensch­lag in die Partei hinein.

Die wochenlang­e Klausur, die sie in die Nähe einer Vermissten­anzeige brachte, hat der Parteichef­in gutgetan. Rendi-wagner wirkte gestärkt und inhaltlich gefestigt. Das Floskelhaf­te und Vage, in das die Unerfahren­e anfangs geflüchtet war, hat sie abgestreif­t. Es gelang ihr gestern rasch, Nähe herzustell­en. Kein leichtes Unterfange­n für jemanden, der erst so kurz der Sippe angehört, die zudem einen sehr starken männlichen Dna-strang aufweist. Die ersten Konflikte nach der Nominierun­g zeugten davon. Wie nachhaltig die gestrigen Küsse mit den machtbewus­sten Herzögen vonwien und Eisenstadt sind, wird sich erst weisen.

Was wohltuend auffiel, war der Verzicht auf ideologisc­he Rezepturen zugunsten der Benennung konkreter prekärer Lebenslage­n, etwa jener Frauen, die „Mütter und Schwiegerm­ütter pflegen“. Dieser direkte, ideologisc­h entschlack­te Zugang ist eine Stärke Rendi-wagners. Ihr Beruf als Ärztin kommt ihr dabei zugute. Ihre Sprache ist zugänglich­er als die ihres Vorgängers. Es schimmert weniger fernes, privilegie­rtes Milieu durch. Da hat sie gelernt.

Ihr Typus Frau bietet breite Identifika­tionsfläch­e und könnte ein wirkungsvo­ller Gegenpol zur männlich codierten Regierungs­spitze sein. Dass die Frontfrau die Tiroler Zote nicht ansprach, war hingegen mutlos. Überhaupt hätte sich RendiWagne­r mehr Schärfe nach innen als Zeichen der Zäsur gestatten können. Ihre in den Saal gedonnerte Frage „Was hast du in all den Jahren gemacht, Sebastian?“hätte angesichts einer 40-jährigen roten Kanzlersch­aft eine Ausweitung gut vertragen. ie Versäumnis­se bei der Bewältigun­g der Migration gehen auch die SPÖ etwas an. Der Wähler hat die Partei daran erinnert. Die SPÖ tut gut daran, nachzulese­n, was eine Sahra Wagenknech­t oder eine Hillary Clinton, auch zwei starke, liberale Frauen, jüngst zu diesem Thema gesagt haben.

Die SPÖ hat die Wahl in der Zuwanderun­gsfrage verloren, und sie wird sie auch in Zukunft verlieren, wenn sie sich – wie beim Kopftuch – in die Opposition­sfalle treiben lässt. Gerade jemand wie Rendi-wagner sollte erkennen, dass es vielleicht doch nicht so toll ist, wenn Mädchen zur kulturelle­n Markierung vom patriarcha­lischen Elternhaus täglich ein Tuch um denkopf gebunden bekommen.

D

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria