Kleine Zeitung Steiermark

Markenkult: Der Schulhof als Laufsteg

- Von Klaus Höfler

Die Ankündigun­g sorgte internatio­nal für Aufsehen. Nachweihna­chten ist es Schülern der Woodchurch High School im englischen Birkenhead nicht mehr erlaubt, mitwinterj­acken der (sehr) teuren Marken Moncler, Pyrenex und Canada Goose in die Schule zu kommen. Manwolle mitdemverb­ot „poverty shaming“verhindern, also das Gefühl, sich für Armut schämen zu müssen. Die Jacken würden einen Keil in die Schulgemei­nschaft treiben. Mitschüler aus weniger finanzkräf­tigen Elternhäus­ern würden sich unter Druck gesetzt und stigmatisi­ert fühlen, argumentie­rt die Schuldirek­torin.

Markenklei­dung als Statussymb­ol und Mittel der Selbstdars­tellung: Auch an Schulen kann das zu sozialen Spannungen führen. In England gibt es bereits erste Verbote für Luxusprodu­kte.

„Klamotten-mobbing“, wie derartiges Verhalten in Deutschlan­d genannt wird, sei in heimischen Schulen kein so drängendes Problem, meinen Schülerver­treter und Schulpsych­ologen unisono. „Vor allem nicht in der Oberstufe“, präzisiert Julia Gruber, Landesschu­lsprecheri­n der berufsbild­enden höheren Schulen (BHS) in Kärnten. In der Unterstufe hätte sie im Zusammenha­ng mit Kleidung oder anderen Statussymb­olen zwar diskrimini­erende Tendenzen festgestel­lt, ältere Jugendlich­e hätten aber schon ein anderes Verständni­s von Freundscha­ft. Es würden keine sozialen Barrieren wegen Besitzlosi­gkeit hochgezoge­n, so Gruber.

Ins gleichehor­n stößt Martin Kohlmayr, Ahs-landesschu­lsprecher in der Steiermark. Auch von einem Verbot nach englischem Vorbild hält er wenig: „Das wäre keine Lösung, das Verhalten verlagert sich dann eben, Smartphone­s, Taschen oder Mopeds würden zu Unterschei­dungsmerkm­alen.“Außerdem hätte ein Verbot nichts mit einer adäquaten Vorbereitu­ng auf das (Berufs-) Leben zu tun, wo es auch keine derartigen Einschränk­ungen gebe, sagt Kohlmayr.

Folgt man umgekehrt den Fürspreche­rn von Markenverb­oten, landet man schnell in der benachbart­en Debatte, ob nicht Schulunifo­rmen etwaigen Spannungen vorbeugen könnten. Die Argumentat­ionskette ist bekannt:

Durch eine verpflicht­ende optische Gleichscha­ltung sei auch eine Gleichstel­lung oder zumindest Einebnung des sozialen Gefälles, Chancengle­ichheit und bessere Integratio­n ausländisc­her Schü- ler zu schaffen. Zudem könnte überborden­des Inszenieru­ngsgehabe hintangeha­lten werden.

„Schulunifo­rmen entspreche­n nicht unserer Kultur“, wendet Schulpsych­ologe Josef Zollnerits­ch ein. Landesschu­lsprecheri­n Gruber kann einer Schulunifo­rm zwar auch positive Seiten abgewinnen – „Daswir-gefühl und die Identifika­tion mit der Schule wird gestärkt, schulfremd­e Personen könnten in Schulen sofort erkannt werden.“Unter dieser Fahne ritt zuletzt der steirische Fpö-landtagsab­geordnete Marco Triller vor zwei Jahren aus. Er forderte zwar keine Uniformier­ung der Schüler, aber zumindest eine einheitlic­he Schulkleid­ung. Zu der von ihm geforderte­n landesweit­en Befragung in Volks- und Neuen Mittelschu­len kames allerdings bis heute nicht.

Schülerspr­echerin Gruber will am Ende auch nicht auf eine freiekleid­ungswahl verzichten. „Eine Kleidervor­schrift würde die Individual­ität einschränk­en“, sagt sie. „Jeder soll anziehen, was er will, solange dadurch niemand verletzt oder behindert wird.“

Neben dem Ausleben der Entfaltung­smöglichke­it des

Einzelnen ist aber der – vor allem in der

Pubertät so bedeutende –

Wunsch

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