Falsch berechnete Kreditzinsen
Ein rechtskräftiges Urteil des Oberlandesgerichts Wien gegen eine burgenländische Regionalbank stellt fest: Ein Kredit, für dessen Tilgung die Bank rund 100.000 Euro aus einer Verlassenschaft forderte, war längst schon abbezahlt.
Ein Mann wird 2016 als Alleinerbe seiner verstorbenen Großmutter, die 1990 für einen Unternehmerkredit ihrer Familie gebürgt und bis zu ihrem Tod auch dafür bezahlt hatte, mit der Forderung der Bank konfrontiert, für die angeblich noch immer bestehenden Schulden von knapp 102.000 Euro aufzukommen. Die Bank ziert sich erst monatelang, dem Erben bzw. seinem Rechtsvertreter Unterlagen auszuhändigen, die eine Kontrolle der Zinsberechnungen möglich machen, und reicht dann die Klage ein. Das Erstgericht stellt fest, dass der eingeklagte Betrag bereits Anfang 2012 zur Gänze zurückbezahlt war – und dasurteil hält auch in zweiter Instanz.
Nur ein spektakulärer Einzelfall, der in dieser Form wohl kein zweites Mal vorkommt? Nach Ansicht des Wiener Rechtsanwalts Gerold Beneder, der den beklagten Erben vertrat, ist dasurteil in mehrfacher Hinsicht erfreulich und allgemein relevant: „Einerseits ergibt sich daraus, dass jederkonsument und auch jeder Unternehmer gut beraten ist, wenn er die von der Bank berechneten Zinsen nachrechnen lässt“, sagt er. Mit dem Urteil sei festgehalten, dass auch eine kleine Regionalbank verständliche Kreditanpassungsklauseln formulieren muss und nicht den Zinssatz und die daraus resultierenden Berechnungen zu ihrem Vorteil vornehmen kann.
Einfach gesagt: „Die Bank ist nicht nur zur Anhebung der Zinsen berechtigt, sondern auch zur Senkung verpflichtet, sobald das Zinsniveau sinkt. Dies gilt nicht nur bei Verbraucherkrediten, sondern auch für Unternehmerkredite.“
Die vereinbarte Zinsanpassungsklauselwar in diesem Fall nachweislich zu unbestimmt. „Der angewandte Zinssatz aus dem Text der Urkunde ließe sich nur unter Anwendung fortgeschrittener finanzmathematischer Kenntnisse errechnen; allerdings auch dann nur ein gleichbleibender Zinnsatz“, heißt es imurteil des Oberlandesgerichts zu einem Kredit, für den von der Bank aber ständig wechselnde Zinssätze verrechnet wurden. Die Auffassung der klagenden Bank, dass eine Koppelung an die von der Bank festgesetzten Einlage- zinsen durchzuführen sei, wurde in zwei Instanzen ausdrücklich abgelehnt.
In Ermangelung einer eindeutigen vertraglichen Vereinbarung zur Berechnung der Zinsen musste der „hypothetische Parteiwille“vom Gericht ausgelegt werden, wobei man zurauffassung gekommen sei, dass diesem hypothetischen Willen am ehesten eine Koppelung des Zinssatzes an Sekundärmarktrendite und Libor/eurobor entspreche, wie Beneder berichtet.
Im Laufe des Gerichtsverfahrens bezog sich die klagende Bank allerdings auch immer wieder auf ein angebliches Anerkenntnis einer aushaftenden Summe von rund 2,2 Millionen