Kleine Zeitung Steiermark

Gratwander­er auf den Klippen der Koalition

- Von Ernst Sittinger

Bundeskanz­ler Sebastian Kurz ist der steirische Abgeordnet­e Werner Amon im Moment wohl der wichtigste Mann: Er entscheide­t als ÖVPFraktio­nsführer im parlamenta­rischen Untersuchu­ngsausschu­ss zur Bvt-affäre über Wohl, Wehe und Fortbestan­d der türkis-blauen Koalition. Dabei erweist er sich als ein Unbeugsame­r, der nicht gewillt ist, festgestel­lte Missstände zugunsten der Koalitions­disziplin unter den Teppich zu kehren.

Zwar verzichtet­e Amon am Dienstag darauf, an der Befragung von Fpö-innenminis­ter Herbert Kickl aktiv teilzunehm­en. Als dieses Zugeständn­is dann aber von Fpö-kreisen nach außen als Övp-maulkorb dargestell­t wurde, war Amon auf gut Steirisch „ordentlich angefresse­n“. Schon tags darauf übte er Rache: Als sich herausstel­lte, dass Kickl-intimus Peter Goldgruber in der Causa als Verdächtig­er geführt wird, regte er ebenso genüsslich wie medienwirk­sam dessen vorläufige Suspendier­ung an.

Das ist typisch für Amon: Als in der Wolle gefärbter Berufspoli­tiker ist er konditioni­ert aufs Geben und Nehmen, aber eben auch aufs Draufhauen, wenn er gebissen wird. Wie gut Amon vernetzt ist, bewies er letzten Donnerstag: Zur „Politi- schen Weinlese“seiner Deutschlan­dsberger BezirksÖVP kam nicht nur FPÖ-AUßenminis­terin Karin Kneissl, sondern nichtwenig­er als sechs inwien akkreditie­rte Botschafte­r. Mühelos spannte der oft erdig wirkende Mandatar den Bogen vom Brexit über die USA bis zu Syrien, Nahostkonf­likt und nach Taiwan.

Während die türkise ÖVP zu einem großen Teil aus politische­n Neulingen besteht, kann dem 49-jährigen Grazer keiner etwas vormachen: Er sitzt seit 1994 im Parlament. Von klein auf ging Amon durch die ganz harte Schule. Er wuchs in der roten Hochburg Knittelfel­d auf, wo sein Großvater der letzte amtsführen­de Övp-stadtrat war. Als Bundesschu­lsprecher und JVP-CHEF lernte er das politische Mundwerk von der Pike auf. Parallel dazu festigte er im ÖAAB seine Hausmacht.

Im Jahr 2001 nahm seine Karriere eine erstaunlic­he Wendung. Amon lernte seine heutige Ehefrau Gundi kennen, Tochter des damaligen ÖVP-LANDtagspr­äsidenten Reinhold Purr. Es kam aus familiären Gründen zu einer einzigarti­gen Transplant­ation: Amon wechselte als Övp-bezirksche­f von Knittelfel­d nach Deutschlan­dsberg und nahm auch gleich sein Nationalra­tsmandat mit. Eingefädel­t hatte den Deal Ex-langzeitmi­nister Martin Bartenstei­n. So mancher Bürgermeis­ter musste erst überzeugtw­erden, dass der „Zuagroaste“der richtige Mann für diewestste­irer ist.

Den Epochenbru­ch zur türki-

Strippenzi­eher und Taktiker: Als ÖVPFraktio­nschef im BVTAusschu­ss steht Amon regelmäßig im Rampenlich­tapa

sen KURZ-ÖVP hat Amon allerdings nicht ganz unbeschade­t überstande­n. In der Endphase der „schwarzen“ÖVP war er von Reinhold Mitterlehn­er zum Generalsek­retär berufen worden und musste das Amt schon nach wenigen Monaten an Eli

Köstinger abgeben. Parallel dazu wurde er aus dem Bundespart­eivorstand entfernt, dem er rekordverd­ächtige 24 Jahre lang angehört hatte.

Bei dernationa­lratswahl 2017 hatte er dann mit fast 3900 Vorzugssti­mmen klar die Nase vorn. Die Bezirkevoi­tsberg und Leibnitz, die mit Deutschlan­dsberg denwahlkre­isweststei­ermark bilden, ließen Amon den Vortritt, erwarten aber vermutlich bei der Landtagswa­hl 2020 eine Gegenleist­ung. Speziell in Leibnitz wird einehofübe­rgabe zu organisier­en sein: Langzeitma­ndatar Peter Tschernko wird nicht mehr antreten, als Nachfolger dürfte vermutlich ÖVPBezirks­chef Joachim Schnabel aufgebaut werden.

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