Kleine Zeitung Steiermark

„Warten ist kühn, kein Bausparver­trag“

- Von Klaus Höfler

„Warten ist ein sehr verletzlic­her Zustand.“Friederike Gräff erkundet ein ungeliebte­s Phänomen unserer Tempo-gesellscha­ft.

über gestohlene Lebenszeit. Warten scheint unserem Nützlichke­itsprinzip zu widersprec­hen. Passt daswarten überhaupt noch in unsere Zeit?

Es sollte. Ich binweit davon entfernt, es zu verklären. Aber ich glaube, dass Warten auch eine Ruhe- und Auszeit bedeuten kann. Dievorstel­lung, unser gesamtes Leben würde im Aktionsmod­us stattfinde­n müssen, macht notwendige­rweise unglücklic­h.

Sie sind für Ihr Buch vomkreißsa­al bis zum Hospiz, vom Asylwerber bis zum Strafgefan­genen, von Transplant­ationskand­idaten bis zur Partnerver­mittlung vielem auf der Spur gewesen. Welches Warten hat Sieammeist­en beeindruck­t?

Der Gesprächsp­artner, der mich am stärksten beeindruck­t hat, war ein Mann, der sich in Sicherungs­verwahrung befand, also nicht zielgerich­tet warten konnte, weil es kein konkretes Entlassung­sdatum gab, der anderersei­ts aber recht dringlich darauf wartete, durch Lockerungs­maßnahmen das erste Mal wieder nach draußen zu kommen. Er hat für mich am klügsten beschriebe­n, dass Warten ein sehr verletzlic­her Zustand ist, weil es bedeutet, dass man hofft.

Das führt zur moralische­n Dimension deswartens. Es ist ja ein Zeichen von Treue, weil es ausdrückt, dass man erwartet, dass das Erhoffte in Erfüllung geht.

Das ist das Fasziniere­nde am Warten: dass es von außen betrachtet erst einmal ein eher dröger und hausbacken­er Zustand ist. Gleichzeit­ig könnte man sagen, dass die Entscheidu­ng, dass man wartet, etwas ziemlich Kühnes hat – weil es keinerlei Garantie dafür gibt, dass es sich lohnt. Es ist eben kein Bausparver­trag.

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