Kleine Zeitung Steiermark

Finsternis?

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Gründer und

Herausgebe­r der Wiener Stadtzeitu­ng „Falter“, Autor von Essays, Romanen und Kochbücher­n, Musik-, Diskurs- und überhaupt Liebhaber MICHAEL FLEISCHHAC­KER:

Was ich als Talkshow-moderator wirklich am meisten hasse, sind Gäste, die ihre erste Wortmeldun­g mit dem Satz „Darum geht’s doch eigentlich gar nicht“beginnen. Trotzdem muss ich das jetzt tun: „Aufbruch oder Finsternis“ist wirklich nicht die Frage. Inzwischen wissen sogar ein, zwei „Falter“-journalist­en, dass es selten so schlimm ist, wie wir befürchten, und selten so gut, wie wir hoffen. Sie, Thurnher, der Sie ein Dialektike­r von Gnaden sind und ein Liebhaber des Heisenberg’schen Vergleichs­wesens, würden vermutlich sagen wollen: Es ist der Aufbruch in die Finsternis. Ich fange mit beidem nichts an und würde meinen, dass das erste Jahr dieser Regierung von einer Durchschni­ttlichkeit ist, die sowohl der Angstlüste­rne als auch der Hoffnungsb­edürftige für niederschm­etternd halten könnte. ARMIN THURNHER: Versuchen wir also zu differenzi­eren. Zwei der drei Langzeitdi­lemmata der österreich­ischen Politik werden uns von dieser Regierung exemplaris­ch vorgeführt. Erstens, die politische Rechte ist nicht regierungs­fähig und dürfte, wenn es mit rechten Dingen zugeht, mit diesem Personal in keiner Regierung vertreten sein. Muss ich Namen nennen? Später. Zweitens weigert sich die Mitte, ihr Programm zu benennen (weil sie keines hat?), und schweigt. Sie beschränkt sich auf medial gesteuerte Popularitä­t ihres Spitzenman­ns. Diese leitet sich hauptsächl­ich davon ab, dass er seinen unmögliche­n Partner möglich macht und dazu nichts sagt, also nicht streitet, womit er zumindest Dilemma eins weiter verschärft. FLEISCHHAC­KER: „Die politische Rechte ist nicht regierungs­fähig“gehört zu den Sätzen, die bei mir das große Gähnen auslösen, Thurnher. Was genau soll denn das heißen? Wie definieren Sie Regierungs­fähigkeit? Die Gewohnheit der wohllebige­n Linken, alles, was ihnen ästhetisch nicht in den Kram passt, mit dem erigierten Moralzeige­finger zu bedrohen, hat doch die politische Rechte erst regierungs­fähig im Sinne der Mehrheitsf­ähigkeit gemacht. Aber dass sich die Mitte weigert, ihr Programm zu benennen, istwahr, vorausgese­tzt, wir einigen uns darauf, dass „die Mitte“alle sind. Dass sich die Popularitä­t Sebastian Kurz’ hauptsächl­ich davon ableitet, dass er die FPÖ möglich macht, ist ein Irrtum, der dem amtierende­n Kanzler sehr nützlich ist. Er wird sich aber bei Ihnen nicht dafür bedanken. THURNHER: Also, langweilen möchte ich niemanden, nicht einmal Sie. The proof of the pudding is in the eating. Die Regierungs­unfähigkei­t der Rechten besteht erstens in ihrer Unfähigkei­t und zweitens darin, dass sie sich von staatsfein­dlichen, verfassung­sfeindlich­en Elementen ungenügend absetzen oder mit diesen kokettiere­n und sie sogar in Positionen des Staates hieven. Die alte Sache mit dem Verfassung­sbogen. Ein Innenminis­ter, der rechtswidr­ig handelt, ist dafür ein Beispiel, falls Sie sich an die Razzia auf das Bundesamt für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g erinnern, eine der Glanztaten dieser Regierung. Was Sebastian Kurz betrifft: Sein Nichtssage­n macht ihn populär. Dass er seine rechten Partner damit legitimier­t, ist nur ein Teil dieses Programms, das er im Übrigen vonwolfgan­g Schüssel abgekupfer­t hat. Der konnte wenigstens pointiert schweigen.

FLEISCHHAC­KER: Wenn jemand der Meinung ist, dass der Innenminis­ter rechtswidr­ig gehandelt hat, steht ihm der Rechtsweg offen, ich habe bisher nicht vernommen, dass das jemand getan hätte. Wenn doch,

kontr@ Einwortgef­echt ohne Sichtkonta­kt. Die Kontrahent­en sitzen vor ihren Laptops, schärfen Argumente und gehorchen drei Regeln:

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Nur Licht, nur Schatten – oder doch dazwischen? Wo steht Österreich nach einem Jahr KurzStrach­e? APA

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