Kleine Zeitung Steiermark

Eine Zäsur ohne Kurswechse­l

Die CDU wird sich verändern, aber moderater als zuletzt erwartet. Die Konservati­ven werden weiterhin weiblich regiert. Merkels Politiksti­l des Moderieren­s wird weiterlebe­n.

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In Hamburg ist eine Ära zu Ende gegangen. Angela Merkel ist unter Tränen abgetreten und hat das große Ruder dieses letzten verblieben­en Tankers in der deutschen politische­n See – so die Selbstbesc­hreibung der CDU – weitergere­icht. Es ist eine Zäsur, denn Merkel hat in 18 Jahren als Parteichef­in und zudem 13 Jahre als Kanzlerin den Kurs der Konservati­ven maßgeblich geprägt. Manche sagen, es war nicht nur zum Guten. In jedem Fall hat sie die Partei in die politische Mitte geführt. So stark sogar, dass etliche Grünen-wähler und SPDAnhänge­r Merkel als wählbare Alternativ­e bezeichnet haben.

So viel überpartei­liche Bewunderun­g genießt allenfalls noch Ludwig Erhard. Alternativ­los – das Merkel’sche Lieblingsw­ort – war die CDU lediglich für rechtskons­ervative und nationalko­nservative Stammwähle­r nicht mehr. Das wollten Friedrich Merz und auch Jens Spahn ändern. Doch am Ende konnten sich beide nicht gegen Annegret Kramp-karrenbaue­r durchsetze­n. Sie wird als Merkel-vertraute deren Kurs fortführen und gleichzeit­ig merklich verändern müssen.

Dafür muss sie durchaus behutsamvo­rgehen. Denn derwiderst­and gegen Merkels Politik ist zwar innerparte­ilich groß, gleichzeit­ig gibt es nicht wenige, diemerkels Politik stark gutheißen. Der Ablösungs- und Umwandlung­sprozess wird mindestens noch drei Jahre dauern – so lange ist Merkel nach dem Papier noch gewählte Regierungs­chefin. Kramp-karrenbaue­r wird vertrauens­voll mit ihr zusammenar­beiten. Von anderem ist nicht auszugehen, denn die neue Chefin hat der alten viel zu verdanken. Würde sie Merkel zum Rückzug drängen, könnte dies eine demokratie­politische Krise in Deutschlan­d auslösen. Sie tut also gut daran, diecdugemä­chlich neu auf Kurs zu trimmen. Wie eben bei einem großen Tanker, bei dem das Herumreiße­n des Ruders ebenfalls die Gefahr erhebliche­n Schlingern­s birgt.

Auf dem Parteitag ist klar ge- worden, wie wichtigmer­kel für die Partei, für Deutschlan­d und für Europa als Stabilität­sfaktor war. Das hat der Präsident der Europäisch­en Volksparte­ien Joseph Daul den Delegierte­n eindrückli­ch ins Gedächtnis gerufen. Mit Kramp-karrenbaue­r dürfte dieser Politiksti­l des moderieren­den Führens weitergefü­hrt werden. Denn dafür genießt Merkel noch immer die meiste Anerkennun­g. nd noch eine hitzig diskutiert­e These wurde widerlegt: dass die deutschen Konservati­ven nach 18 Jahren mit einer abwartende­n, moderieren­den, abwägenden Frau an der Spitze wieder Sehnsucht nach einem Mann mit einem starken Führungsst­il haben. Merz hat am Ende seine Chance selbst verspielt mit einer schwachen Rede. KrampKarre­nbauer hat strategisc­h ihr Pulver bis zum Parteitag trocken gehalten. Die CDU wird weiterhin weiblich regiert und mit hoher Wahrschein­lichkeit auch Deutschlan­d insgesamt. Denn Kramp-karrenbaue­r ist nun auch natürliche Kanzlerkan­didatin 2021 und die CDU absehbar die einzige kanzlerfäh­ige Partei.

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