Spitzenprogramm und ein Protest mit leeren Leinwänden
Das Künstlerhaus bietet 2019 ein herausragendes Programm. Verschattet wird das vom Protest der Künstlervereinigungen, die sich über eine „Entmündigung“empören.
EineErfolgsgeschichte“, ist für Kulturlandesrat Christopher Drexler die Entwicklung, die das Künstlerhaus in den vergangenen fünf Jahren unter der Ägide von Sandro Droschl genommen hat. Auch die nächsten Jahre soll Droschl hier seinen „artist space“internationalenzuschnitts verwirklichen können. Welches Niveau Droschl dabei vorgibt, bleibt 2019 beeindruckend. So hat er es bewerkstelligt, den Tv-satiriker Jan Böhmermann für eine österreichische Adaption einer Schau aus Düsseldorf zu gewinnen. „DeuscthLAND#ASNCHLUSS#ÖSTEreich“heißt die Ausstellung, die ab 4. Mai die österreichische Identität vermutlich mit galligem Humor und politischer Frechheit aufarbeitet.
Mit einer Personale zum Grazer Maler Herbert Brandl hat man ab 29. Juni den nächsten sehr prominenten Namen im Programm. Auftakt 2019 ist indes die Schau „Hate Speech“(ab 2. Februar), die sich der Freiheit der Rede und deren Missbrauch widmet. Gemeinsam mit dem steirischen herbst erforscht das Haus seine Geschichte. Der englische Künstler Jeremy Deller (ein weiteres Schwergewicht der Kunstszene) erarbeitet ein Projekt, das neue historische Erkenntnisse zur Entstehung des Hauses 1952 verarbeitet. Droschl: „Die Anstrengungen von Politik und Künstlervereinen damals waren großartig, aber der Anstoß kam von den britischen Alliierten.“
Droschls Aussage über die Institutionsgeschichte ist einigermaßen brisant, berührt sie doch einen lange schwelenden Konflikt. Das Künstlerhaus war traditionell dieheimstätte der steirischen Kunstvereine, die sich vom ehrgeizigen Droschl hinausgedrängt sehen. Diese werden nun mit einer Wettbewerbsschau „bedient“, die nächsten Mittwoch eröffnet. Für den „Salon Steiermark“wurden die Mitglieder der fünf Vereinigungen eingeladen, Beiträge einzureichen. Es gibt einen Preis, und eine von Günther Holler-schuster (Neue Galerie Graz) geleitete Jury stellt die Schau aus 135 Einreichungen zusammen. Drei der fünf Vereine üben an dieser Vorgehensweise öffentlich Kritik. Armin W. NimraRuckerbauer (Berufsvereinigung bildender Künstler) spricht von „Entmündigung“. Manwürde die Profile dervereine nivellieren, der Wettbewerb richte sich an Einzelkünstler. Nimra-ruckerbauer berichtet, dass einzelne Künstler Angst hätten, überhaupt nicht mehr ausstellen zu dürfen. Und Gottfried Pengg-auheim (Vereinigung Bildender Künstler) betont die Tradition des Hauses, die lange vor der Errichtung 1952 begonnen habe. Aus Protest haben laut Ruckerbauer „mehr als 70 Künstler“weiße Leinwände und Ytong-ziegel zumwettbewerb eingereicht.
Die Künstlervereine möchten einen Kompromiss, aber gerade die Bereitschaft dazu vermisst Christopher Drexler: „Das war bisher nicht möglich. Die Vereine werden ihre Ansprüche in ihrer Absolutheit nicht durchsetzen können. Aber sie werden weiter eine Rolle spielen.“Martin Gasser