Politisches, ganz privat
„Wir müssen reden“als ein grandios unterhaltsamer Mix aus Spieleshow und Late Night Talk.
Diese Feststellung ist eine Aufforderung und selten behaglicher Natur: „Wir müssen reden.“In der gleichnamigen Koproduktion des Theaters im Bahnhof mit dem Schauspielhaus Graz wird der Redebedarf zur nationalen Angelegenheit und das Persönliche zum Politischen: „Österreich, wir müssen reden.“
„Beim Spielen ist es wie in der Demokratie: Wenn man sich nicht an die Regeln hält, macht man alles kaputt“, steckte Pia Hierzegger zu Beginn die Struktur des Abends ab. Gemeinsam mit Schauspielhaus-darsteller Florian Köhler moderierte Hierzegger staubtrocken und mit feiner Klinge eine Mischung aus Spieleshow und Late Night Talk. Die Gästeliste durfte sich sehen lassen und bräuchte auch KK den Fernsehvergleich nicht zu scheuen: Ex-politikerin Sigi Maurer, Bäckermeister Martin Auer, Stadt-graz-politikerin Elke Kahr und Schauspieler Serge Falck bildeten ein gar nicht kleinlautesvierergespann. Politik, Unterhaltung und Trash (Außenstelle am Glühweinstand) hielten sich in der von Helmut Köpping inszenierten Show die Waage: Schätzspiele oder ein Tischbau-wettbewerb standen ebenso auf dem Programm wie angeregte Diskussionen über die Entwicklung der politischenkultur. Auch pikante persönliche Fragen wurden erörtert: Wer ist der überschätzteste Schauspieler? Welche Bäckerei wird als Nächstes in Graz verschwinden? Die Stärken des Abends liegen in seiner ausgelassenen Konkretheit, die Schwächen allenfalls in einer zeitweise aufgesetzten Theatralik.
Irgendwann sind drei Stunden fast unmerklich vergangen und dieprotagonisten verlassen die mit einem weißen Kunstfellteppich ausgelegte Bühne. Ein Dacapo mit neuen Gästen gibt es im März: Der Redebedarf ist noch lange nicht gestillt. Österreich, wir müssen reden. Termine: 8. März, 1. Juni 2019. www.schauspielhaus-graz.com