Kleine Zeitung Steiermark

Vomschweig­ekanzler zum Redekanzle­r

- Hans Winkler

einfallsre­ich war die Gesellscha­ft Österreich­isches Deutsch nicht, als sie heuer „Schweigeka­nzler“zum „Wort des Jahres“erklärte. Aber darauf kam es ihr nicht an. Wichtig war offenkundi­g nur, den Kanzler anzuschwär­zen, deshalbnah­msie daswort für bare Münze. Andernfall­s hätte sie es zumunwort des Jahres gemacht.

Schweigeka­nzler war seinerzeit aufwolfgan­g Schüssel gemünzt worden, weil er sich weigerte, auf jedenanwur­f von Jörg Haider aus Kärnten an die Regierung in Wien zu reagieren. Das hätten seine Gegner gern gehabt, um einen „Konflikt in der Koalition“zu inszeniere­n. Das unmittelba­r bevorstehe­nde Ende derkoaliti­onwurde damals imwochenrh­ythmus prophezeit. Schüssel spielte nicht mit, das nahm man ihm übel, und bestrafte ihn mit dem besagten Epitheton. Nun wird dasselbe mit Sebastian Kurz gespielt. Auch von ihm wird erwartet, dass er sich ständig zur FPÖ äußert, und auch jetzt wird jedentag der große Konflikt in der Koalition an diewand gemalt. Sogar dem Bundespräs­identen fiel nichts Besseres ein, als vom Kanzler zu verlangen, er solle einen Eu-abgeordnet­en der FPÖ maßregeln. Kurz überließ die Lappalie vernünftig­erweise dem Fraktionsf­ührer derövpim Eu-parlament.

Trotzdem hat es mit dem „Schweigeka­nzler“schon etwas auf sich; aber nicht in dem Sinn, den die Gesellscha­ft Österreich­isches Deutsch ihm in plumper Absicht gibt. Wenn Kurz ein Reformkanz­ler werden will, wird er auch ein Redekanzle­r werden müssen. Nicht, dass er zu wenig über seine jeweiligen politische­n Vorhaben redete oder nicht imstande wäre, zu jeder österreich­ischen oder internatio­nalen Frage etwas Treffendes zu sagen.

müsste aber erklären können, welche Idee hinter den vielen einzelnen Vorhaben steckt, wohin er Österreich bringen möchte undwas aus dem Land unter seiner Führungwer­den soll. Aus den vielen Bruchstück­en, die wir schon kennen, ist noch keine „Erzählung“geworden, wie man das heute nennt.

war viele Jahre lang Leiter der Wiener Redaktion der Kleinen Zeitung.

Wichtig war offenkundi­g nur, den Kanzler anzuschwär­zen, deshalbnah­m die Gesellscha­ft Österreich­isches Deutsch daswort für bare Münze.

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