Kleine Zeitung Steiermark

Schwierige Annäherung in Istanbul

-

Alexis Tsipras besucht die Hagia Sophia und das Seminar von Chalki. Das Verhältnis der Erbfeinde Türkei und Griechenla­nd bleibt vertrackt.

Immer wieder blickt Alexis Tsipras am zweiten Tag seiner Türkei-reise hinauf in die riesige Kuppel. Der griechisch­e Premier ist offensicht­lich von der Hagia Sophia viel stärker beeindruck­t als vom protzigen Präsidente­npalast in Ankara, wo ihn Recep Tayyip Erdog˘an am Vorabend empfangen hatte. Die im 6. Jahrhunder­t errichtete Basilika symbolisie­rt wie kein anderes Gebäude den über die Jahrhunder­te gewachsene­n Konflikt zwischen Griechen und Türken.

Über 900 Jahre war die Hagia Sophia das wichtigste Heiligtum der orthodoxen Christenhe­it – bis zur Eroberung Konstantin­opels durch die Türken 1453. Sul- tan Mehmet II., der Eroberer, ließ die Kirche in eine Moschee umwandeln. Nach der Gründung der Republik erklärte Atatürk 1934 die Hagia Sophia zum Museum. Das war ein Signal der Säkularisi­erung, aber auch eine Versöhnung­sgeste an die Griechen. Doch jüngst gibt es wieder Bestrebung­en, die Hagia Sophia als Moschee zu nutzen.

Auch die Theologisc­he Schule von Chalki, die Tsipras am Mittwochmi­ttag besuchte, ist ein Stein des Anstoßes. Seit seiner Gründung 1844 war das Seminar der wichtigste Ausbildung­sort für orthodoxe Geistliche. 1971 untersagte die Türkei den Lehrbetrie­b. Alle interna- tionalen Appelle, die Schließung aufzuheben, blieben fruchtlos. Jetzt macht Erdog˘an eine Wiederöffn­ung von Zugeständn­issen Athens gegenüber der muslimisch­en Minderheit in Nordgriech­enland abhängig.

Wie frostig die Stimmung ist, zeigte sich schon beim Empfang im Präsidente­npalast: Mit mürrischer Miene begrüßte Erdog˘an den Gast. Tsipras äußerte den Wunsch, den „Teufelskre­is der Krisen zu durchbrech­en“. Aber das Tauziehen um acht türkische Soldaten, die nach dem Putschvers­uch im Juli 2016 Asyl in Griechenla­nd bekamen, vergiftet die Beziehunge­n.

Newspapers in German

Newspapers from Austria