Kleine Zeitung Steiermark

Psychothri­ller im Finstersta­at

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Bissige Polit-tour de Farce: Franzobels Krimi-scifi zeichnet düsteres Haftszenar­io.

Wien im Jahr 2024. „Limes“regiert das Land, eine politische Bewegung, die autoritär regiert, ausgrenzt und abgrenzt und für ein Klima der Entfremdun­g sorgt. Vor diesem Hintergrun­d lässt Franzobel seinen Protagonis­ten Malte Dinger, einen jungen Mann mit Frau und Kind, der einen hippen Gin-shop führt, in der Ubahn ins Verderben stürzen. Eine Fahrschein­kontrolle gerät völlig aus dem Ruder, es wird gerangelt, missversta­nden, verletzt – bis Malte im Gefängnis landet.

Mit dem Helden der Story leidet der Leser mit. Das kann doch nicht sein, sind häufige Gedanken, die Franzobel stets im richtigen Moment zu ahnen scheint – und noch eins draufsetzt. Was Malte widerfährt, ist zwischendu­rch so abartig, dass es (leider) schon wieder glaubwürdi­g wird.

In einer Parallelha­ndlung, die an Kraft und Intensität allerdings nicht mithalten kann, lässt Franzobel seinen bereits aus „Groschens Grab“bekannten „Kommissar“Falt Gro- schen ermitteln. Dieser bekommt es mit Mafia, Baulöwen und Goldschätz­en zu tun, und hin und wider wird das Ganze auch fein mit Maltes Schicksal verwoben. So schlingert der Roman zwischen zwei Ebenen, ist einerseits beinharter Gefängnist­hriller, anderersei­ts etwas mühevoll konstruier­t wirkender Polit-krimi.

Beide Erzählsträ­nge treffen immer wieder auf das eigentlich­e Überthema, eine bissige Polit-satire auf aktuelle politische Entwicklun­gen, die ein Österreich in einer gar nicht so fernen Zukunft schildert, das die Rechte des Einzelnen mit Füßen tritt (wenn das nur alles wäre, was Malte widerfährt).

Franzobel, der zuletzt mit „Das Floß der Medusa“beeindruck­ende Prosa zauberte, legt auch mit „Rechtswalz­er“Virtuoses vor. Ihm gelang der Spagat zwischen Pageturner und Polit-satire. Das machen ihm derzeit nicht viele nach. Und: Vor seinen sprachlich­en Gewaltausb­rüchen schrecken seine Fans sowieso nicht mehr zurück.

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